So richtig freuen kann sich auf Bundesebene keiner der Parteichefs. Das Ergebnis der Landtagswahlen in Vorarlberg muss in Wien Ratlosigkeit hinterlassen. Bundeskanzler und VP-Chef Wolfgang Schüssel hätte zwar allen Grund zur Freude, hat mit der Wählerentscheidung in Vorarlberg aber rein gar nichts zu tun. Er war während des Wahlkampfes seiner Vorarlberger Freunde praktisch mit einem Einreiseverbot belegt. Der regierende Landeshauptmann Herbert Sausgruber verbat sich alle Unterstützung aus Wien - und er hat damit Recht behalten.

Herbert Sausgruber ist der Landeskaiser von Österreich. Die Volkspartei konnte im Ländle die Absolute erobern, Schüssel zum Trotz - oder trotz Schüssel. Die ÖVP hat am Sonntag beeindruckende - und für die anderen Parteien bedrückende - 55 Prozent erreicht. Das ist österreichweit das beste Ergebnis eines Landeshauptmannes. Zum Vergleich die beiden nächsten Landeshauptleute, ebenfalls Schwarze: Niederösterreichs Erwin Pröll hält bei 53,3 Prozent, Herwig van Staa in Tirol bei 49,9 Prozent.

Allerdings: In absoluten Zahlen hat Sausgruber Wähler verloren. Sein Erfolg ist nur aufgrund der deutlich niedrigeren Wahlbeteiligung möglich geworden. Mit diesem dennoch fulminanten Ergebnis kann die ÖVP in Vorarlberg einer anderen Partei eine Regierungsbeteiligung (zu ihren Bedingungen) anbieten, muss aber nicht.

Dieser Wahlerfolg ist ausschließlich auf Sausgruber selbst zurückzuführen. Der Landeshauptmann führte einen in jeder Hinsicht konservativen Wahlkampf: keine Aufreger, keine großen Themen, nur nichts ändern. "Wohnbauförderung erhalten", das ist in Vorarlberg eine handfeste Botschaft. "Schaffe, schaffe, Hüsle baua" (oder so ähnlich), das ist doch das inoffizielle Landesmotto.

Sausgrubers Motto "Verlässlich bleiben" ist immerhin mehr, als die meisten anderen anzubieten haben, auch und gerade auf Bundesebene. Genau dort wollte Sausgruber auf gar keine Fall anstreifen, und das scheint ihm gelungen zu sein. Auch wenn die Vorarlberger etwa von den Pensionskürzungen, die in Wien im Rahmen der Harmonisierung vorbereitet werden, genauso betroffen sein werden wie alle anderen.

Die SPÖ mit Spitzenkandidatin Elke Sader konnte nur bescheiden profitieren. Parteichef Alfred Gusenbauer war zwar mehrmals im Wahlkampf zu Gast, konnte aber nicht wirklich etwas ausrichten, dafür auch nichts anrichten. Der Erfolg der SPÖ ist nicht auf eigene Kraft zurückzuführen, sondern auf den Absturz der FPÖ. Der Zugewinn von knapp vier Prozentpunkten mag als Fortsetzung des bundespolitischen Aufschwungs interpretiert werden können, ist aber angesichts des historischen Tiefstands von 1999, als die Landes-SP bei 13 Prozent aufsaß, bescheiden. In absoluten Zahlen hat die SPÖ sogar Stimmen verloren. Aber immerhin wieder Platz zwei, da ist es beiläufig, wie man dorthin kam.

Für die FPÖ ist es auch diesmal wieder mit einer Katastrophe ausgegangen. Und zwar nicht nur mit einer mittleren, wie von der Parteispitze in Wien erhofft, sondern mit einer ausgewachsenen. Die FPÖ hat sich in Vorarlberg halbiert, und die Dimension ist angesichts der Ausgangslage von 1999 mit 27,4 Prozent gewaltig. Die FPÖ hatte am meisten von allen Parteien unter der niedrigen Wahlbeteiligung von 60 Prozent zu leiden. Die erreichten 13 Prozent sind zwar immer noch mehr als die acht bis neun Prozent, die den Freiheitlichen derzeit in Umfragen auf Bundesebene zugemutet werden, aber doppelt schmerzlich: Der Abgang aus der Landesregierung scheint wahrscheinlich.

Erfreulich verlief der Wahlsonntag für die Grünen: Knapp zehn Prozent im konservativen Ländle sind mehr, als man sich erhoffen durfte. Aber die schwarze Übermacht bleibt erdrückend, die Grünen in Vorarlberg sind damit erwartungsgemäß über die Bedeutung einer Fußnote nicht hinausgekommen. Angesichts des Erfolgs für Sausgruber haben aber auch die anderen Parteien nichts mehr mitzureden. (DER STANDARD, Printausgabe, 20.9.2004)