Ohne Beseitigung des Embargos durch die EU sieht sich die libysche Regierung außerstande, den Strom illegaler Einwanderer nach Sizilien zu stoppen. Innenminister Nasser el Mabruk erklärte am Freitag in einem Interview mit dem Corriere della Sera, für eine wirksame Kontrolle benötige Libyen Flugzeuge, Hubschrauber, Schnellboote, Radargeräte und wüstentaugliche Fahrzeuge. "Da das bestehende Embargo für militärische Güter solche Lieferungen ausschließt, sind uns die Hände gebunden" sagte Mabruk.

In Europa sehe man das Problem mit falschen Augen: "Wir haben 6000 Kilometer Grenzen zu überwachen, die überwiegend in der Wüste liegen. Und jedes Fahrzeug, das sich in der Wüste bewegt, benötigt dreimal so viel Wartung wie ein gewöhnliches", schilderte der Minister die Probleme der libyschen Grenzpolizei.

Die Aufregung, die in Italien 1000 Flüchtlinge verursachten, sei weit übertrieben: "Wir haben rund eine Million illegaler Einwanderer und ihre Zahl nimmt ständig zu. Für ein Land wie Libyen ist das ein gigantisches Problem". In Europa begehe man den Fehler, das Problem der Migration nur "aus der polizeilichen Optik" zu sehen. Doch vor allem in den Ursprungsländern der Flüchtlinge seinen "umfangreiche Entwicklungsmaßnahmen" vonnöten.

Die von Deutschland und Italien vorgeschlagene Errichtung von Asyllagern in Libyen beurteilt der Innenminister skeptisch. Über damit zusammenhängende Themen wie die Beachtung der Grundrechte und die Lebensqualität in solchen Lagern will Mabruk noch im September mit dem italienischen Innenminister Giuseppe Pisanu sprechen. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2004)