5,8 Millionen Menschen in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen und Brandenburg sind am Sonntag zur Wahl gerufen. Umfragen sagen den Einzug der rechtsextremen NPD und der DVU in die Landtage voraus. Es wurden bereits Schuldzuweisungen diesbezüglich laut.

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"Schnauze voll? DVU": Mit so simplen Slogans hat die Deutsche Volksunion Brandenburg überzogen. Die vom Münchner Verleger Gerhard Frey gelenkte Partei hat mehr als 100.000 Plakate geklebt - mehr als alle anderen Parteien zusammen. Auf Kundgebungen wird dagegen verzichtet.

"Die haben einfach keine drei Leute, die einen geraden Satz sprechen können", meint Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck. Der SPD-Politiker gibt zu, dass die rot-grüne Bundesregierung mit der Arbeitsmarktreform Hartz IV den Rechten wie auch der populistisch auftretenden PDS das zentrale Wahlkampfthema geliefert habe. "Ich finde es zum Kotzen, dass diese rechten Rattenfänger die Möglichkeit haben, Leute in den Bann zu ziehen und so tun, als könnten sie alles binnen Tagen lösen." Meinungsforscher sehen die DVU bei rund sechs Prozent.

Aber Platzeck gibt sich zu Freitagmittag im Gespräch mit Auslandskorrespondenten zuversichtlich, dass die SPD trotz Stimmenverluste stärkste Partei bleibt. Die SPD liegt in Umfragen mit der PDS gleich auf, die vor einigen Wochen noch mit einem Abstand bis zu zehn Prozentpunkte vorne gelegen war. Platzeck kann sich sowohl eine Koalition mit der PDS als auch eine Fortsetzung des Bündnisses mit der CDU vorstellen.

Deren Spitzenkandidat Jörg Schönbohm gab im Gespräch mit dem STANDARD offen zu, dass er damit rechne, Wähler an die DVU oder zwei weitere rechte Parteien, die in Brandenburg kandidieren, zu verlieren: "Ich denke schon, dass es Wähler gibt, die wir nicht binden können."

Ähnlich sieht auch die Lage für die CDU in Sachsen aus, wo Ministerpräsident Georg Milbradt versucht, die absolute Mehrheit zu verteidigen. Laut Umfragen verfehlt die CDU aber die 56,9 Prozent von 1999 bei weitem. Gibt es keine Absolute für die CDU wäre eine Koalition mit der SPD, die von zehn auf rund 14 Prozent zulegen dürfte, denkbar. Oder die zweitstärkste Partei PDS koaliert mit der SPD.

Wut gegen die da oben

Auch Milbradt befürchtet, dass die rechtsextreme NPD den Sprung in den sächsischen Landtag schafft. "Es gibt Wut gegen die da oben. Ich schließe nicht aus, dass ein Teil des Protestes in die Rechtsradikalität geht."

Anders als die DVU hält die NPD in Sachsen auch Wahlkundgebungen ab. Ihr werden in Umfragen zwischen sieben und neuen Prozent zugebilligt. Die Namen mehrerer NPD-Kandidaten in Sachsen scheinen auch im Antrag der Bundesregierung auf, die im Vorjahr vergeblich versucht hatte, ein Verbot der rechtsextremen Partei zu erwirken. Dies hatte das Bundesverfassungsgericht abgelehnt. Der deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) machte deshalb am Freitag das Höchstgericht für den erwarteten Erfolg der NPD verantwortlich. (DER STANDARD, Printausgabe, 18.9.2004)