STANDARD: Schule soll bilden, erziehen, betreuen und außerdem noch Spaß machen. Ist das nicht Überforderung?

Brigitte Stadelmann: Die Schule kann sicher nicht alles ab- und auffangen. Aber sie kann gesellschaftliche Entwicklungen genau beobachten und mitgestalten.

STANDARD: Ist das bestehende System Schule dazu fähig?

Stadelmann: Die Schule steht am Beginn einer Entwicklung. Oft wird Veränderung durch Tatsachen erzwungen. Wenn zum Beispiel Unterricht nicht mehr möglich ist, weil Kinder so viele Lasten mitbringen: Gewalterfahrungen, Verwahrlosung, Autoaggression bis hin zur Lebensmüdigkeit.

STANDARD: An den Hauptschulen Rieden und Vorkloster gibt das Projekt Schulsozialarbeit. Was kann Sozialarbeit zur Veränderung beitragen?

Stadelmann: Die große Chance der Schulsozialarbeit ist, dass sie die Sicht von außen einbringen kann. Lehrerinnen und Lehrer sind, so meine Erfahrung, immer mehr bereit, Hilfe von außen zu holen.

STANDARD: Welche Rolle hat der Schuldirektor, die Schuldirektorin dabei?

Stadelmann: Eine ganz wichtige. Jene des Bindeglieds zwischen Lehrenden, Eltern, Sozialarbeit. Wenn der Direktor, die Direktorin kein Zutrauen in die andere Profession hat, dann funktioniert gar nichts.

STANDARD: Wie sehen die Schüler das neue Angebot?

Stadelmann: Zuerst waren sie neugierig, was da so läuft. Jetzt bin ich ihre Ombudsstelle. Sie wissen, dass ich unter Verschwiegenheitspflicht stehe, haben also, wenn es um Konflikte mit Lehrpersonen geht, volles Vertrauen zu mir.

STANDARD: Was macht Schulsozialarbeit außer Einzelberatung noch?

Stadelmann: Ein Schwerpunkt ist die soziale Gruppenarbeit. Es geht um Gewaltprävention, das Erlernen von Strategien zur Konfliktlösung. Die Kids lernen, sich einen Platz im sozialen Gefüge zu sichern, ohne die Grenzen anderer zu überschreiten. (DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.9.2004)