Hamburg/Berlin - Der mit Spannung erwartete Hitler-Film "Der Untergang" hat bei seinem deutschen Kinostart Besucher in Scharen in die Kinos gelockt. Überall gab es am Donnerstag meist ausverkaufte Säle, wie eine dpa-Umfrage ergab. Die Constantin Film AG (München) sprach von einem sensationellen Erfolg. "Wir hatten bundesweit über 100.000 Besucher", sagte Constantin-Vorstandsmitglied Thomas Friedl heute, Freitag.

Bei den meisten Kinogängern löste der Film Beklemmung und Nachdenklichkeit aus. Viele Zuschauer blieben während des Abspanns schweigend sitzen. Einige weinten, in Kiel verließ eine junge Frau schluchzend den Saal.

Kohl: "Der Film musste gedreht werden"

Positiv sei, dass der Film in ganz Deutschland - auch im Osten - gut angekommen sei, sagte Friedl. Auch junge Leute hätten ihn sich angeschaut. Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) lobte den Film in der "Bild"-Zeitung (Freitag): "Der Film musste gedreht werden, und ich hoffe, dass ihn möglichst viele sehen." Es sei ein wichtiger Film, denn er vermittle der jungen Generation eine Vorstellung davon, wie sehr die Menschen vom Nationalsozialismus verführt worden seien.

Dagegen kritisierte der Publizist und Fachautor Ernst Klee den Film scharf. Eine hitlerzentrierte Deutung greife viel zu kurz, sagte er der "Stuttgarter Zeitung". Hilfreich sei dagegen der genaue Blick auf die vielen Einzeltäter, die sich nach 1945 auf den Führerwillen berufen hätten, um sich reinzuwaschen.

Zuschauerreaktionen

"Jetzt verstehe ich, warum meine Großväter nichts von dieser Zeit erzählen wollten", sagte ein 17 Jahre alter Auszubildender in Dortmund. Ein gleichaltriger Schüler ergänzte: "Ich finde den Film besonders eindrücklich, weil Hitler nicht auf den Dämon reduziert wurde." Das verzweifelte Durchhalten bis zum Ende habe ihn besonders nachdenklich gemacht. "Der Film schafft es, Hitler als Mensch zu zeigen und gleichzeitig nicht seine Schuld zu mildern. Es war an der Zeit, Hitler endlich so darzustellen", meinte ein 47-Jähriger in Mainz.

Im Berliner Cinemaxx war die Abendvorstellung schon am Nachmittag ausverkauft. "Die meisten kennen sich über den Nationalsozialismus nicht mehr aus, die haben gar keine Ahnung mehr, wer und wie Hitler war", sagte ein 39-Jähriger. Ähnlich waren die Reaktionen in Stuttgart und Leipzig.

"Den Film sollten alle sehen, besonders die heutigen Möchtegern-Nazis"

"Der Film war Wahnsinn, und wenn ich immer höre, dass diese Neonazis sagen, das ist alles nicht richtig, dann kriege ich eine mittelfristige Krise", sagte eine 42-Jährige. Ähnlich äußerte sich eine 22 Jahre alte Erzieherin aus Stuttgart: "Die meisten der Nazis werden als Feiglinge dargestellt. Den Film sollten alle sehen, besonders die heutigen Möchtegern-Nazis."

Eine 83 Jahre alte Zuschauerin in Magdeburg, die den Horror des Zweiten Weltkriegs selbst erlebt hat, hofft, dass viele junge Menschen den Film sehen. "Ich finde gar nicht, dass Hitler menschlich gezeigt wird, denn was er da alles so sagt, ist ja völlig unmöglich", sagte die Rentnerin.(APA/dpa)