Mit immer mehr Fällen sehen sich Österreichs Kinderpornoermittler konfrontiert. Bisher gab es heuer 380 Fälle, 2003 waren es im gesamten Jahr 163 Fälle. Bis Jahresende könnte sich die Zahl des Vorjahres also verdreifacht haben, bestätigte Ludwig Mendel, Spezialist für Kinderpornos im Bundeskriminalamt (BK), am Freitag einen Bericht des Ö1-Morgenjournals. Zudem hat sich die Struktur der heimischen Szene verändert - Österreich sei nicht mehr nur ein Land der Konsumenten. "Der Anteil der Täter (also Vertreiber und Produzenten, Anm.) ist bei uns genauso hoch wie in Deutschland oder den USA", so der BK-Fahnder.

Selbstschutz gegen Ermittler

Mendel führt diese Entwicklung im Gespräch mit der APA vor allem darauf zurück, dass die "Szene" einerseits nach neuem Material verlangt, andererseits so aber auch den neu Hinzugekommenen zum Mittäter macht. Man verlange, dass auch der bisher ausschließliche Konsument selbst neue Fotos produziert und zur Verfügung stellt. Zudem sei es so etwas wie eine Art Selbstschutz gegen Ermittler, "denn der Polizei ist es ja nicht erlaubt, Verbotenes zu tun". Abgesehen davon könnten so erlangte Ermittlungsergebnisse nicht vor Gericht verwendet werden. Aber jene, die in die innere Szene eindringen, seien die, "an denen wir dicht dran sein wollen".

Neugierde oder Unvorsichtigkeit

Es gebe noch immer eine relativ große Anzahl von Männern, die Kinderpornos einmal aus Neugierde oder Unvorsichtigkeit konsumieren, aber nicht im eigentlichen Sinne pädophile Neigungen hätten, sagte Mendel. Den starken Anstieg der Fälle führte er nicht darauf zurück, dass die Zahl der Konsumenten so stark gestiegen sei. Die Exekutive habe dank internationaler Zusammenarbeit den Verfolgungsdruck erhöht.

"snuff movies"

Bisher wurden in Österreich noch keine hier zu Lande entstandenen Produktionen von "snuff movies" - Filme, in denen die Opfer vor laufender Kamera brutalst vergewaltigt, gefoltert und ermordet werden - gefunden. Mendel: "Obwohl es immer wieder Gerüchte in diese Richtung und auch Anzeigen gibt. Es gibt immer wieder zwar besonders geschmackloses Material, aber so etwas haben wir zum Glück noch nicht entdeckt."

"Nahezu jeder Haushalt in Österreich ist bald im Netz, das zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten"

Der BK-Ermittler befürchtet einen weiteren Anstieg der Fälle: Das hänge mit dem Ausbau des Internets zusammen. "Nahezu jeder Haushalt in Österreich ist bald im Netz, das zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten", sagte Mendel. Durch erhöhte internationale Kooperation gelinge es auch häufiger, die "sehr große" Dunkelziffer etwas zu verkleinern. Ein "durchschnittlicher" Fall eines Kinderpornoringes fördere etwa 100 Verdächtige zu Tage. 20 davon seien beispielsweise aus den USA, 30 aus Frankreich, zehn aus Deutschland - und sechs aus Österreich.(APA)