Wien - Die angekündigten Strompreiserhöhungen der österreichischen Energieunternehmen werden nun ein Fall für die Wettbewerbshüter: Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) hat die zuständigen Behörden brieflich um eine Untersuchung der Branche ersucht, berichtet die "Kronen Zeitung" in ihrer Freitag-Ausgabe. Der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde, Walter Barfuß, bestätigte gegenüber der APA den Erhalt des Briefs.

"Geduldsfaden gerissen"

Punktuell habe es von Seiten des Stromregulators und des Kartellanwalts bereits Überlegungen zu einer solchen Untersuchung gegeben, mit der brieflichen Aufforderung habe nun aber Bartenstein "die ganz große Glocke zum Läuten gebracht, weil ihm offenbar der Geduldsfaden gerissen ist", sagte Barfuß. Erste Gespräche über die Untersuchung solle es bereits in den nächsten Tagen geben.

Bartenstein hat die Wettbewerbswächter ersucht, die E-Wirtschaft auf mögliche Preisabsprachen ("Verhaltenskartell") zu untersuchen. Weiters ist die die Energieregulierungsbehörde E-Control laut "Krone" beauftragt worden, eine neuerliche Senkung der Strom-Netztarife zu prüfen.

"Körberlgeld"

Viele heimische Energieversorger haben für den Herbst Strompreiserhöhungen angekündigt, darunter die Wien Energie, die EVN, die Bewag, die Energie Graz, die Energie AG Oberösterreich und die Tiwag. Wenn man sich an einen anderen Anbieter wende, bekomme er auch keinen billigeren Strom, "es kann nicht sein, dass sich die Stromfirmen so ein Körberlgeld verdienen", so der Wirtschaftsminister. Die E-Wirtschaft begründet die Verteuerung mit den hohen Ölpreisen und gestiegenen Einstandskosten. Bartenstein lässt das Argument nicht gelten: "65 Prozent unseres Stromes kommen aus Wasserkraft, da gibt es keinen Einfluss des Ölpreises" und Kohle sei überhaupt nicht teurer geworden.

Die Kritik an der Strombranche sei wohl nicht unberechtigt, meinte Barfuß. Untersuchungen wolle man mit Hilfe der E-Control machen. Die Bundeswettbewerbsbehörde könne dabei ihre gesamten Ermittlungsbefugnisse und Kompetenzen (Auskunftspflicht) einsetzen, Instrumente, die der Regulator allein nicht einsetzen könne.

Boltz: "Zuversichtlich" für Preisreduktionen

Auch E-Control-Geschäftsführer Walter Boltz bestätigte am Freitag in einer Aussendung die geplanten Prüfungsabsichten. "Die E-Control wird in den nächsten Wochen beginnen, gemeinsam mit der Bundeswettbewerbsbehörde eine Analyse der angekündigten bzw. bereits durchgeführten Strompreiserhöhungen durchzuführen. Dazu gehört auch die genaue Beobachtung der weiteren Entwicklung in nächster Zeit", so Boltz, der auch die Prüfung der Netztarife sowohl im Strom- als auch Gasbereich bestätigte. Schon seit dem Frühjahr laufen neue Tarifverfahren bei Strom und Gas, und er sei "zuversichtlich, dass es bei den Netztarifen schon in den nächsten Monaten zu weiteren Anpassungen nach unten kommen wird". Da es sich aber um laufende Verfahren handle, könne er derzeit noch keine Angaben über die Höhe möglicher Netztarifsenkungen machen.

Boltz betonte zudem, dass die Frage möglicher Preisabsprachen auch auf europäischer Ebene zunehmend zu einem Thema werde. "Den Fragen der Preisentwicklung, der Marktkonzentration und vor allem möglicher wettbewerbswidriger Verhalten wird künftig deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden."

WKÖ: "Insel der Unseligen"

Von der Wirtschaftskammer erhielt Bartenstein für seine Prüfungsabsichten Unterstützung. "Österreich hat sich aus Sicht der Energiewirtschaft zu einer Insel der Seligen gemausert, aus Sicht der Klein- und Mittelbetriebe ist es eine Insel der Unseligen geworden. Nun ist die Politik gefordert, dieser Entwicklung rasch ein Ende zu setzen, um die bereits entstandenen Belastungen für unsere Klein- und Mittelbetriebe noch abfangen zu können", so der Obmann der Bundessparte Gewerbe und Handwerk der Wirtschaftskammer, Georg Toifl, in einer Aussendung.

Auch WKÖ-Präsident Christoph Leitl begrüßt Bartensteins Vorgehen. Vor allem im Interesse der vielen kleinen und mittleren Betriebe sei dies ein Schritt in die richtige Richtung, heißt es in einer Pressemitteilung am Freitag. Das erst kürzlich verkündete Aus für die Soda-Produktion von Solvay Österreich zeige, dass bereits erste Firmen für die gestiegenen Energie- und Transportpreise büßen müssen. "Die Alarmglocken müssten bereits unüberhörbar schrillen, jetzt entsprechend gegenzusteuern", so Leitl.

Onodi: "Positiver Umdenkprozess"

Auch von der SPÖ kommt Zustimmung: "Im August hat es von Seiten Bartensteins noch geheißen, die Strompreise werden am freien Markt geregelt und er werde sich nicht einmischen. Über die Sommermonate gab es hier beim Wirtschaftsminister offensichtlich einen positiven Umdenkprozess", meint Niederösterreichs SPÖ-Landesparteivorsitzende LHStv. Heidemaria Onodi in einer Aussendung. Sie fordert Bartenstein auf, "sicherzustellen, dass auch die privaten Haushalte und die Klein- und Mittelunternehmen endlich von der Strommarktprivatisierung mit günstigeren Preisen profitieren". (APA/red)