Wien/Berlin - Zwei Meldungen ergänzen einander: In Deutschland triumphiert die "Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen" (GVU) aus Anlass einer Polizeiaktion gegen Film-Raubkopierer, in Wien stellte sich der "Verein für Antipiraterie der Film- und Videobranche" (VAP) mit einer Pressekonferenz vor.

"Vermutlich weltweit größter Schlag" in Deutschland

Der Polizei ist offenbar ein einmalig großer Schlag gegen kommerzielle Raubkopierer neuer Kinofilme gelungen. Wie der "Tagesspiegel" berichtet, wurden am Donnerstag ein Münchner Rechtsanwalt und drei Thüringer unter dem Verdacht verhaftet, 45.000 Kunden über das Internet mit illegalen Kopien neuer Filme versorgt zu haben.

Die an der Aktion beteiligte Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen (GVU) sprach vom "vermutlich weltweit größten Schlag" gegen kommerzielle Anbieter von Raubkopien.

Über die Internetseite hätten die Verdächtigten seit Juni 2003 rund 45.000 Kunden bedient und dabei knapp eine Million Euro eingenommen, zitierte die Zeitung die Staatsanwaltschaft Mühlhausen in Thüringen. Der Anwalt sei für Rechtliches, Buchhaltung und Finanzen zuständig gewesen.

Die Einnahmen flossen laut Unterlagen, die dem "Tagesspiegel" vorliegen, wahrscheinlich über ein Konto der Kanzlei. Zudem scheine der Anwalt Aufträge an Rechenzentren erteilt zu haben, um das kriminelle Netzwerk auszubauen. Die "hohe kriminelle Energie" und das "hoch professionelle, konspirative Vorgehen" seien einzigartig, sagte GVU-Chefermittler Bernd Kulbe. Der Schaden für die Filmindustrie belaufe sich auf einen zweistelligen Millionenbetrag.

Die Rechner standen offenbar im europäischen Ausland, während ein Einwahlprogramm interkontinentale Verbindungen vortäuschte. Registriert war die Seite über eine Briefkastenfirma auf den Jungferninseln. Auf die Spur kam den Betrügern aber ein Hacker, der unbemerkt in das Computersystem eindringen konnte und monatelang Zugriff auf brisante Daten wie Abrechnungen, Kundendaten und Angaben zu den Rechenzentren hatte. Diese Indiziensammlung ging über einen Mittelsmann an die Polizei und den "Tagesspiegel".

Wien: Verein für Antipiraterie kämpft

Durch Piraterie sind der Filmbranche im Vorjahr in Österreich schätzungsweise rund 30 Mio. Euro Schaden entstanden, während der weltweite Entgang allein durch illegales Downloaden von Filmen 2,8 Mrd. Euro betragen habe, hieß es am Donnerstag bei einer Pressekonferenz des Vereins für Antipiraterie der Film- und Videobranche (VAP) in Wien. Dass bei den Verbrauchern "oftmals viel Unwissen herrscht" (so VAP-Generalsekretär Andreas Manak), soll nun eine Info-Initiative ändern. Kritik übte der Verein indes sogar an Breitband-Internetprovidern und Serverhousing-Anbietern.

Erstere würden zuweilen in der Bewerbung ihrer Dienste implizit suggerieren, dass die durch Breitband-Internet ermöglichten Downloads unbedenklich seien, meinte Werner Müller, Geschäftsführer des Fachverbandes der Audiovisions- und Filmindustrie Österreichs und VAP-Vorstandsmitglied. Die Serverhousing-Anbieter, die Server an Unternehmen oder Privatpersonen preisgünstig vermieten, würden stillschweigend akzeptieren, dass auf ihren Rechnern Filmraubkopien zum Download bereitgestellt werden, hieß es.

Es lägen keine genauen Zahlen über den Schaden durch Download-Filmpiraterie in Österreich vor, daher habe man die Ergebnisse einer Studie aus Deutschland auf den heimischen Markt übertragen, hieß es. Der Schaden sei in der wachsenden Filmbranche "nur relativ", betonte Müller. Beziffert würden "Steigerungen, die nicht passiert sind". Bewusstsein über die Unrechtmäßigkeit von Filmraubkopien und den entsprechenden Strafrahmen (Freiheitsstrafe bis zu sechs Monate bzw., bei gewerbsmäßiger Begehung: bis zu zwei Jahren oder Geldstrafen bis zu 117.000 Euro) soll eine Infokampagne mit Plakaten, einer eigenen Telefon-Hotline und einem Filmtrailer (ab nächster Woche) schaffen.

"Auch der Tausch unter Freunden fällt unter 'gewerbsmäßig'", warnte der Rechtsanwalt Andreas Manak, Generalsekretär des VAP. Die Statistik des im Mai 2003 gegründeten Vereins weist 15.000 beschlagnahmte CDs und DVDs, sechs beschlagnahmte Server, 30 abgeschlossene und 35 anhängige Gerichtsverfahren sowie laufende Ermittlungen in 40 Fällen auf. Man gehe allen Fällen nach, egal in welchem Maßstab das Urheberrecht verletzt wurde. In vielen Fällen würde ein außergerichtlicher Ausgleich gefunden. So habe man sich etwa mit dem 17-jährigen Filmfreak aus Oberösterreich (Bezirk Perg), der hunderte Filme zum Download angeboten hat, auf die Bezahlung der Gerichtskosten (1.800 Euro) und einer Pönale von 1.000 Euro durch diesen geeinigt.

90 Prozent der Filmkopien, die entweder im Internet heruntergeladen werden können oder als DVD-Fälschungen auf Flohmärkten oder aus dem Rucksack eines Straßenhändlers erstanden werden können, entstünden auf Basis so genannter "Screeners", d. h. im Kino von der Leinwand abgefilmte Streifen. Jeder vierte Benutzer eines Breitband-Anschlusses lade laut OECD zuweilen Musik und/oder Filme aus dem Internet herunter. Peer-to-peer-Tausch von Filmen über Tauschbörsen sei, im Gegensatz zur Musik, von geringerer Bedeutung, da kaum User über die benötigten Upload-Bandbreiten verfügen.

In Zukunft wolle man Uploader, d. h. Personen, die Filme zum Download zur Verfügung stellen, sowie FTP-Server (über die Filme heruntergeladen werden können) stärker verfolgen. Nach einer Razzia in Deutschland seien einige FTP-Server nach Österreich ausgelagert worden. "Es geht darum, die Leute zu erreichen, die damit das große Geld machen, und bei den anderen das Bewusstsein zu schärfen", so Christof Papousek von der Constantin Film Holding. Der Kampf werde auf drei Ebenen geführt: durch technische Lösungen (Kopierschutz), rechtliche Wege ("Im Urheberrecht gibt es noch einiges zu tun", so Müller) und bei der Durchsetzung der bestehenden Rechte. Auf Flohmärkten, wo seit ca. einem Monat auch Raubkopien aus Asien erstmals aufgetaucht sind, würde etwa unter Zuhilfenahme von privaten Sicherheitswachdiensten observiert und in Razzien durchgeführt.

Auf Nachfrage gestand Müller zu, dass auch die Filmbranche - analog zur Musikindustrie - vielleicht neue, innovative Vertriebswege und Angebote entwickeln müsse. Mit den Raubkopien habe dies "ursächlich nichts zu tun": Die Downloader wollen für ihre Filme "nicht weniger, sondern gar nichts bezahlen", so Manak.

Der Verein hat seinen Sitz in Wien und vertritt in Österreich die Interessen der amerikanischen und österreichischen Filmwirtschaft. (APA/dpa)