Eiweißablagerungen im Gehirn von Alzheimerpatienten

derStandard.at
Bonn - Wissenschaftler haben sich die körpereigene Abwehr gegen Infektionen für eine neuartige Demenzbehandlung zu Nutze gemacht. Ein Forschungsteam von der Friedrich-Wilhelms Universität in Bonn hat Proteine beziehungsweise Antikörper verwendet, die von Menschen normalerweise gegen Infektionen produziert werden. Fünf Alzheimer-Patienten, die mit dem experimentellen Impfstoff behandelt wurden, zeigten in Tests signifikante Verbesserungen. Die Wissenschaftler bezeichneten die Ergebnisse als vielversprechend, obwohl noch weitere Untersuchungen notwendig seien.

Menschen mit Alzheimer haben so genannte Amyloid-Ablagerungen im Gehirn, die aus einem Protein namens Beta-Peptid bestehen. Diese Ablagerungen verschlechtern sich zunehmends und schädigen das Gehirngewebe, was zur Demenz führt. Die Wissenschaftler suchten nach Methoden, um die Aktivität des Beta-Peptids zu hemmen und den Aufbau von Amyloid-Ablagerungen durch die Verabreichung eines Impfstoffs zu verhindern. Richard Dodel und seine Kollegen glauben nun, dass sie einen erfolgreichen Ansatz für diesen Prozess entwickelt haben, wobei sie sich das körpereigene Abwehrsystem des Menschen zu Nutze machen.

Antikörper injiziert

Wenn der Körper einer Krankheit oder Infektion ausgesetzt ist, produziert er ein komplexes Molekül-Protein, Antikörper genannt. Die Forscher isolierten die Antikörper gegen das Beta-Peptid und injizierten sie für ein halbes Jahr monatlich Patienten im frühen Alzheimer-Stadium. Um die Effekte der experimentellen Behandlung zu beobachten, maßen die Wissenschaftler die Levels von Beta-Peptid in der Zerebrospinalflüssigkeit zu Beginn und am Ende der Studie. Außerdem testeten sie die Gehirnfunktion der Patienten hinsichtlich des Gedächtnisses, das ja von der Demenz nachhaltig beeinträchtigt wird. Nach Ablauf der sechs Monate waren die Niveaus vom Beta-Peptid in der Zerebrospinalflüssigkeit um 30 Prozent gefallen, während sie im Blut um 233 Prozent in die Höhe schnellten, woraus die Forscher schlossen, dass die Behandlung ihre Wirkung zeigte.

Obwohl sich die kognitive Funktion des Gehirns bei vier Patienten nur leicht verbesserte, wurde der Zustand nicht schlechter, wie man normalerweise nach sechs Monaten erwarten könnte. Auch bei mentalen Aufgaben erzielten drei Patienten bessere Ergebnisse, die zwei anderen blieben konstant. Die Forscher sagten, obwohl man aus einer Studie mit nur fünf Patienten keine definitiven Schlüssen ziehen kann, würden ihre Erkenntnisse weitere detaillierte Untersuchungen auf diesem Gebiet rechtfertigen. Keiner der fünf Patienten zeigte beeinträchtigende Nebenwirkungen. (pte)