Karlsruhe/Berlin - Mit einer Entscheidung gegen die CDU hat das deutsche Bundesverfassungsgericht den juristischen Streit um die finanziellen Folgen der Spendenaffäre endgültig beendet. Der Zweite Senat des Gerichts erklärte am Donnerstag eine Rückzahlung von 21,1 Millionen Euro an die Staatskasse für rechtens, die Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) wegen falscher Angaben über das Vermögen der hessischen CDU verfügt hatte.

Schon das Oberverwaltungsgericht hatte 2002 Thierses Entscheidung bestätigt. Dagegen hatte die CDU Verfassungsbeschwerde eingelegt, die jetzt abgewiesen wurde. Da die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hatte, zahlt die CDU-Zentrale die Summe bereits in Raten ab, wobei ein beträchtlicher Teil aus der Kasse der Hessen-CDU kommt. Thierse erläuterte jedoch, dass die CDU in den Wahljahren 2004 und 2006 keinerlei Tilgung zu leisten hat und dafür in den Jahren 2005 und 2007 eine entsprechend höhere Rate. Somit könne von einer Benachteiligung der Union in Wahlkämpfen keine Rede sein.

Thierse sieht sich bestätigt, Parteiengesetz richtig ausgelegt zu haben

Thierse sah sich durch die Entscheidung bestätigt. Das Gericht habe endgültig entschieden, dass er das Parteiengesetz richtig ausgelegt und angewendet habe. CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer erklärte, er bedauere das Urteil, habe es aber zu respektieren. Die finanzielle Situation der Partei werde durch das Urteil stark beansprucht. Der hessische CDU-Generalsekretär Michael Boddenberg äußerte ebenfalls Bedauern. Den hessischen Landesverband bringe das in eine finanziell extrem schwierige Situation. Der parlamentarische Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sah durch die Entscheidung die Selbstreinigungskräfte des demokratischen Systems gestärkt.

Thierse bestätigte, dass die von der CDU geforderte Summe bereits auf die anderen Parteien verteilt worden sei. Dies sehe das Parteienfinanzierungsgesetz vor. Genauere Angaben zur Aufteilung machte er nicht. Thierse sagte, er erhoffe sich vom Beschluss des Gerichts, dass die Parteien sich künftig an das von ihnen selbst erarbeiteten Gesetz hielten. "Ein so schwerer Verstoß (wie von der CDU) konnte nicht folgenlos bleiben."

Parteispendenskandal der Hessen-CDU

Hintergrund der Karlsruher Entscheidung ist der Parteispendenskandal der Hessen-CDU. Die hatte 1983 umgerechnet rund zehn Millionen Euro ins Ausland geschafft. In den Folgejahren flossen Gelder an den Landesverband zurück, die teilweise als jüdische Vermächtnisse deklariert wurden. Die Bundes-CDU hatte dieses hessische Vermögen in ihrem Rechenschaftsbericht für das Jahr 1998 zunächst nicht angeben, im Jahr 2000 den Bericht aber nachträglich berichtigt.

Nach dem - inzwischen geänderten - Parteiengesetz von 1994 erhält eine Partei staatliche Zuschüsse für ihre Spenden und ihr Vermögen aus Mitgliedsbeiträgen aber nur nach Vorlage eines Rechenschaftsberichts. Da der im Jahr 1999 abgegebene Rechenschaftsbericht für das Jahr 1998 aber fehlerhaft war, forderte Thierse die vorläufig zuerkannte staatliche Förderung von damals 41,3 Millionen D-Mark (21,1 Millionen Euro) zurück.

Richtiger Rechenschaftbericht verpflichtend

Die Verfassungsrichter entschieden, dass die Rückzahlungspflicht wegen falscher Angaben über das Vermögen der hessischen CDU nicht gegen die Handlungsfreiheit der Partei oder das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Eine Partei müsse einen richtigen Rechenschaftsbericht abgeben, die Vorlage irgendeines Rechenschaftsberichts reiche nicht aus.

Begründet wurde die Entscheidung mit dem Transparenzgebot des Grundgesetzes. Nur ein vollständiger Rechenschaftsbericht genüge dem Verfassungsgebot, die Bürger über Einnahmen, Ausgaben und Vermögen einer Partei zu unterrichten. Eine lediglich formell ordnungsgemäße Rechenschaftslegung wäre mit dem Grundgesetz unvereinbar. Ausdrücklich bestätigt wird durch die Karlsruher Entscheidung auch die Prüfpflicht des Bundestagspräsidenten. Er sei nicht auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt.

Der Zweite Senat fällte seine Entscheidung ohne den Verfassungsrichter Hans-Jürgen Jentsch, der wegen Befangenheit durch seine Verbindungen zum früheren Landesvorsitzenden der Hessen-CDU, Manfred Kanther, ausgeschlossen worden war. Jentsch betreibt in Wiesbaden eine Anwaltskanzlei, in der auch Kanther arbeitet. Im Zusammenhang mit der Finanzaffäre muss sich Kanther derzeit gemeinsam mit dem früheren Schatzmeister der hessischen CDU, Casimir Prinz zu Sayn-Wittgenstein, wegen des Vorwurfs der Untreue vor dem Wiesbadener Landgericht verantworten. (APA/AP/Reuters/dpa)