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Stanislaw Dziwisz (li) mit dem Papst in Mexico City im Jahr 2002.

Foto: APA/EPA/CLAUDIO CRUZ
Seine Gegner verunglimpfen ihn als Chef der "Polenmafia" im Vatikan. Seinen Anhängern gilt er als Verkörperung von Bescheidenheit und Diskretion. Für Laien ist sein Dienstrang wenig aufschlussreich: "Beigeordneter Präfekt des päpstlichen Hauses".

Profaner: Stanislaw Dziwisz ist Privatsekretär des Papstes; mehr noch: Der polnische Erzbischof gilt als Alter Ego von Johannes Paul II. Vom täglichen Weckruf um fünf Uhr an folgt er dem Papst wie ein Schatten. 1967 machte Karel Wojtyla, damals Erzbischof von Krakau, den 28-Jährigen zu seinem Sekretär. Seitdem wich der 1939 in Raba Wyzna in der südpolnischen Tatra geborene Ordensmann nie mehr von seiner Seite.

Für das Kirchenoberhaupt ist Dziwisz in fast 40-jähriger Zusammenarbeit weit über die Rolle des Sekretärs hinausgewachsen: Er ist Freund, Berater, Beichtvater, Vertrauter und verkörpert ein Stück polnische Heimat in Rom.

Beim Attentat im August 1981 war er es, der den durch einen Schuss verletzten Heiligen Vater auffing. Mit dem Fortschreiten der Parkinsonkrankheit des Papstes wurde er immer mehr auch zum Krankenpfleger. Geheimnisse, Intrigen und Interna des Kirchenstaats sind bei Dziwisz, der direkt neben den Privatgemächern von Johannes Paul II. wohnt, gut aufgehoben. Seine Verschwiegenheit ist sprichwörtlich, seine Verachtung für Journalisten bekannt.

Im vergangenen Oktober ließ sich der 65-Jährige durch Spekulationen über den baldigen Tod des Papstes zu einem sarkastischen Kommentar verleiten: "Viele Journalisten, die in den vergangenen Jahren über den Gesundheitszustand des Papstes geschrieben haben, befinden sich schon im Himmel." Vatikan-Experten wie Peter Hebblethwaite und Luigi Accattoli halten den stets im Hintergrund agierenden Dziwidz für den "mächtigsten Privatsekretär der neuen Papstgeschichte".

Mit dem Fortschreiten von Wojtylas Krankheit wächst sein Einfluss. Er entscheidet darüber, wer beim Papst vorgelassen wird, und beeinflusst wichtige Entscheidungen der Kurie - etwa die Ernennung seines Landsmanns Stanislaw Rylko zum Vorsitzenden des Päpstlichen Laienrates. Insider schwören darauf, dass auch die Liste der zuletzt ernannten 31 Kardinäle auf seinem Schreibtisch erstellt wurde.

Einen mächtigeren Fürsprecher als Dziwisz könnte sein Freund Kurt Krenn kaum haben. Das muss dem Bischof von St. Pölten aber nicht helfen: Auch der Erzbischof von Posen, Juliusz Paetz, hat sich auf derlei "Connections" verlassen. Doch nach einem lange vertuschten Sexskandal wurde Paetz 2002 von Dziwisz zum Rücktritt gezwungen. Der Rektor des Posener Priesterseminars hatte gegen den eigenen Erzbischof Hausverbot erlassen - wegen sexueller Belästigung von Seminaristen. (Gerhard Mumelter/DER STANDARD, Printausgabe, 15.9.2004)