Vorurteile überwinden
Sie selbst habe zu in ihrer Nachbarschaft lebenden ArmenierInnen immer gute Beziehung gehabt, sagte die türkische Psychologin Mügjan Suver dem STANDARD. Von einem "Völkermord" könne man schon deshalb nicht sprechen, weil sich der Konflikt vorwiegend im Osten und nicht auf dem gesamten Gebiet der heutigen Türkei abgespielt habe, meint die Leiterin der Menschenrechtsplattform in der einflussreichen Marmara-Stiftung. Seit drei Jahren nimmt Suver dennoch an Treffen mit armenischen Frauen teil, um auf "falsche Vorwürfe" zu reagieren und um Vorurteile zu überwinden. (Offiziell hat der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan erklärt, dass die Frage des Armenier-Genozids kein Kriterium für die Aufnahme in die EU sei.)
Unter den ArmenierInnen, die nach dem Ersten Weltkrieg in alle Welt zerstreut wurden - sechs von neun Millionen leben nun außerhalb ihres Staates, der bis 1991 Teil der Sowjetunion war - gibt es für diese Position kaum Verständnis. Dennoch hätten vor allem Jüngere "das Bedürfnis nach Normalisierung", sagt die armenische Menschenrechtsaktivistin Hranush Kharatyan, eine frühere Vizebürgermeisterin der Hauptstadt Eriwan. Gleichzeitig habe die Unabhängigkeit "neue Impulse" für armenische Anliegen gebracht. So sei es, auch über die weltweite Vernetzung im Internet, gelungen, von US-Versicherungen für noch in der Zeit des Osmanischen Reichs von ArmenierInnen abgeschlossene Verträge Entschädigungen zu erhalten.
Erfahrung