"Von in Beton geschraubten Sitzen projizieren wir unsere Vision in den vor uns liegenden Raum. Das Licht lenkt unsere Aufmerksamkeit auf die implizit wichtigsten Punkte unseres Sehfeldes." So kommentiert der in Paris lebende amerikanische Choreograf John Jasperse die traditionellen Sehbedingungen, wie wir sie im Theater vorfinden.
In seinem Stück Just two dancers werden unsere Wahrnehmungsmuster auf einfache, doch geniale Weise gebrochen. Jasperse macht den Zuschauer - obwohl dieser im Parkett sitzt - zum bestimmenden Teilnehmer seines Stückes, in dem tatsächlich "nur" zwei Personen tanzen. Doch die befinden sich nicht dort, wo man sie erwartet. 14 weiße Plattformen sind so im Auditorium verteilt und bespielt, dass es unmöglich wird, beide Akteure gleichzeitig zu sehen. Das Publikum erhält kleine Handspiegel und kann sich immer wieder Ausschnitte des Stückes neu zusammensetzen. Folgt man also etwa den Aktionen der Tänzerin Juliette Mapp, kann der Tänzer Jasperse nur als Reflexion im Spiegel erfasst werden. So verbindet sich, was wie zwei Soli erscheint, erst im kombinierenden Blick des Betrachters zum Duett.
Inklusive Clubdance
Doch nicht nur die Perspektiven wechseln, sondern auch der Tanz. Denn die Choreografie vereint den Minimalismus der Judson-Church-Ära mit östlicher Martial-Arts-Technik, zeitgenössischem Ballett und Clubdance. So gelingt es Jasperse, eine ungewöhnlich intime Beziehung zwischen den Darstellern und dem Publikum herzustellen.
Der junge Schweizer Choreograf Thomas Hauert interessiert sich - wie Jasperse - für die spielerische Dekonstruktion von Rezeptionsmechanismen: "Fremde Impulse, die auf die Mechanik des Körpers wirken, kreieren eigene Texturen. Diese rufen in der Wahrnehmung konkrete Objekte, abstrakte Konzepte oder affektive Zustände hervor."