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Wien - Die 15-jährige Theresa Lackner, Schülerin am Gymnasium Ödenburgstraße, ist beschäftigt: eine Demo muss organisiert werden, um gegen den Sparkurs an ihrer Schule zu protestieren. "Letzte Woche teilte uns der Klassenvorstand mit, dass eine der vier 6. Klassen aufgelöst wird und die Schüler aufgeteilt werden", empört sich Theresa. Der Grund sei die Gesamtschülerzahl, die nur 84 statt verlangter 91 betrage. "Aber kann man einfach bis zu 32 Schüler in eine Klasse pferchen?", fragt sich Theresa, die um die Qualität des Unterrichts fürchtet. "Es wird immer alles über unsere Köpfe hinweg entschieden.", ist die 15-Jährige erzürnt.

Ob die Demo erfolgreich wird, steht in den Sternen. "Ich kenne das Problem an der Ödenburgerstraße", sagt Wiens Stadtschulratpräsidentin Susanne Brandsteidl. "Wir bekommen ein Werteinheitenbudget vom Ministerium zugewiesen, das den Beschäftigungsumfang der Lehrer vorgibt, und müssen dann den Mangel an Einheiten verwalten, wobei wir nicht überziehen dürfen," erklärt sie das aktuelle Problem. Generell sieht sie durch die Einsparungen "massive Probleme" im Bildungsbereich.

"Reines Stadtproblem"

Wolfgang Stelzmüller, Personal-Sektionschef im Bildungsministerium, versteht die Aufregung nicht. Er sieht ein "reines Problem des Stadtschulrates". Die Werteinheiten würden "sehr transparent" vermittelt, außerdem gebe es dieses Jahr um 825 mehr für Wien. "So eine Klassenaufteilung ist nicht nötig, da geht es darum, wie man das bewirtschaftet", gibt er an Brandsteidl zurück. Ronald Zecha, Pressesprecher im Bildungsministerium, betont, dass es überhaupt keine Kürzungen der Ressourcen gebe: "Es sind in Wien 658 Lehrerplanstellen dazugekommen", so Zecha.

SP-Bildungssprecher Erwin Niederwieser schließt sich Brandsteidl an. Er fürchtet, dass die Einsparungen dieses Schuljahr spürbar werden: "Das kann man ein oder zwei Jahre machen, aber dann werden Verschlechterungen bemerkbar". Auch die Stundenkürzungen trügen zum Qualitätsverlust bei.

"Es gab immer Kritik, dass gerade Oberstufenschüler zu sehr mit Schuldingen belastet seien", meint Zecha. Daher habe man Stunden gestrichen, was aber den Schulen "insgesamt mehr Gestaltungsfreiheit" gebe.. AHS-Schüler Julian (17) sieht das anders: "Manche Lehrer ziehen jetzt in weniger Schulstunden genauso viel Stoff durch". Die Kürzungen, welche schulautonom geregelt werden, bewirken, dass manchmal in einem Jahr ein ganzes Fach wegfällt. "Ich habe zum Beispiel gar kein Geschichte", erzählt Kathi (14), Schülerin des Akademischen Gymnasiums. "Wir haben den Stundenplan des Ministeriums geändert, da es unsinnig ist, Fächer einjährig zu führen", rechtfertigt sich einer ihrer Lehrer.

Für Brandsteidl ist klar, dass die Schüler unter den Stundenkürzungen leiden: "Ich halte diese für inakzeptabel, den Schülern werden Chancen und Unterrichtszeit weggenommen". VP-Bildungssprecher Werner Amon sieht hingegen einen Vorteil für die Schüler. Man könne jetzt gezielter Schwerpunkte setzen. Es gebe "keinen Grund, das Bildungssystem tot zu klagen."

Theresa meint, dass die Regierung mit solchen Aktionen wie an ihrer Schule "sicher keine künftigen Wähler gewinnt - immerhin dürfen wir ja auch irgendwann einmal mitbestimmen".

(rebe, grill/DER STANDARD-Printausgabe,14.9.2004)