Vor wenigen Tagen erhielt der deutsche Lebensmitteldiskonter Aldi eine Baubewilligung im thurgauischen Weinfelden, dem ersten von zunächst sechs Standorten in der Schweiz.

Zuvor hatte der deutsche Konzern, der in Österreich unter dem Namen Hofer auftritt, eine offizielle Schweizer Niederlassung gegründet und das Eigenkapital auf 150 Mio. Franken (97 Mio. Euro) erhöht. Langfristig, so Branchenbeobachter, werde der Hard-Diskonter in der Alpenrepublik mit rund 60 Filialen präsent sein wollen.

Hochpreisinsel

Lidl plant Ähnliches. Endlich, hört man manche Schweizer schon seufzen, endlich tut sich etwas auf unserer Hochpreisinsel. Für Lebensmittel müssen die Eidgenossen im Durchschnitt rund 50 Prozent mehr bezahlen als die EU-Nachbarn, bei Frischfleisch sind es bis zu 90 Prozent.

Schon lange decken grenznah wohnende Schweizer ihren Grundbedarf daher in Deutschland oder Frankreich. Rund 1,4 Mrd. Franken geben sie jährlich bei ausländischen Billigketten aus.

Manchen Stadträten passt die Aussicht auf neue Diskonter auf der grünen Wiese nicht. "Das lockt nur noch mehr Autos an", sagt Pirmin Knecht, Grünen-Politiker in Pfäffikon bei Zürich. In Pfäffikon plant Aldi eine Filiale in einem Gewerbegebiet, das bisher nur von der Industrie genutzt wird.

Das Baugesuch erfüllt zwar alle Vorschriften, gestritten wird jedoch über die Zahl der Parkplätze. Aldi verlangt 135, die Gemeinde will 59 gestatten, gesetzlich erlaubt wären nach Ansicht der Grünen nur 33.

Petition gegen Ausnahmegenehmigung

Mit einer Petition will die Partei nun eine Ausnahmegenehmigung für den Diskonter verhindern. Gleichzeitig hat Knecht eine Initiative gestartet, die sich gegen Supermärkte im Industriegebiet wendet. Nicht nur der Mehrverkehr spreche gegen Aldi und Co., sagt Knecht. Auch sei zu erwarten, dass die kleineren Einzelhändler im Stadtzentrum bald schließen müssten und der "schöne Ortskern" veröde.

Noch geht es recht gemütlich zu im Schweizer Einzelhandel. Fast zwei Drittel der Umsätze grasen die beiden Platzhirsche Migros und Coop ab. Mit einem Absatz von je rund zehn Milliarden Franken bilden sie beinahe ein Oligopol. Der lahme Wettbewerb hält die Preise ebenso hoch wie die massiven Agrarsubventionen und die hohen Löhne und Mieten.

Schon die ersten Gerüchte über Aldis Kommen lösten einen heftigen Preiskampf in der Schweiz aus. Denner bietet nun 100 Artikel günstiger an, der Branchendritte, Pickpay, gar 500, mit Abschlägen von bis zu 30 Prozent. Migros hat seine Tiefpreislinie "M-Budget" ausgebaut, und Coop scheint mit der Marke "Coop Prix Garantie" nachziehen zu wollen. Viel häufiger als früher tauchen Preisvergleiche in den Medien auf. (DER STANDARD Printausgabe, 14.09.2004)