Brüssel - Der Rassismus in Europa hat nach Ansicht von Experten in den letzten Jahren zugenommen. Auf einer Konferenz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zogen die Delegierten am Montag in Brüssel eine überwiegend negative Bilanz: "Die Situation wird schlechter, nicht besser", sagte Bashy Quraishy vom Europäischen Netzwerk gegen Rassismus.

Für Deutschland erklärte die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck: "Ausgrenzung, Intoleranz und Hass gegenüber denen, die als anders empfunden werden, darf nicht geduldet werden."

Warnung vor Diskriminierung

Der Konferenzleiter und bulgarische Außenminister Solomon Passy wies darauf hin, dass auch die zunehmenden Terroranschläge eine extreme Form der Intoleranz gegenüber anderen seien. Zugleich warnte er davor, im Zuge der Terrorbekämpfung die in Europa lebenden Moslems zu diskriminieren.

Eine entsprechende Tendenz ist laut einem Bericht der Internationalen Helsinki-Föderation für Menschenrechte (IHF) in Westeuropa bereits in den vergangenen drei Jahren deutlich geworden. Durch den Kampf gegen den Terror habe sich die öffentliche Debatte auf den islamischen Extremismus konzentriert, und die moslemischen Minderheiten in Europa gerieten zunehmend unter Druck, sagte IHF-Direktor Aaron Rhodes bei der Vorstellung der Studie in Wien.

In Deutschland und Großbritannien seien Moslems zunehmend von polizeilichen Durchsuchungen und Festnahmen betroffen, heißt es in dem 37 Seiten starken Bericht. In der Bundesrepublik hätten seit den Anschlägen in den USA vor drei Jahren Razzien in 70 Moscheen stattgefunden, in den meisten Fällen ohne konkretes Ergebnis. Italienische und dänische Politiker hätten Moslems sogar öffentlich als Sicherheitsrisiko angeprangert.

Auch das Kopftuchverbot an französischen Schulen und ähnliche Bemühungen in Belgien werden in dem Bericht kritisiert. "In all diesen Fällen sind gemäßigte und friedliche Moslems zum Opfer geworden, weil eine Minderheit extremistischer Moslems Gewalt und Intoleranz predigt", sagte Rhodes.

Parallel zu den polizeilichen und politischen Maßnahmen habe auch die Zahl verbaler und physischer Angriffe auf Moslems zugenommen, erklärte die IHF weiter. Dies gehe von "Beschimpfungen auf der Straße über Vandalismus bis hin zu schwerer körperlicher Gewalt". Als Beispiel wird die Schändung eines moslemischen Friedhofs in Straßburg genannt, auf dem im Juni über 50 Grabsteine mit Hakenkreuzen beschmiert wurden.

Diskriminierungen im Gefolge der Terrorismus-Bekämpfung beklagte am Montag auch die amerikanische Sektion von amnesty international. Polizisten und Behörden in den USA griffen Menschen zunehmend auf Grund ihrer Herkunft oder Religion für Durchsuchungen oder Kontrollen auf, schreibt die Menschenrechtsorganisation. Der Bericht fasst frühere Umfragen und Studien zusammen und kommt auf eine Zahl von über 30 Millionen betroffenen Einwohnern und Besuchern der Vereinigten Staaten. Die meisten stammen amnesty zufolge aus dem Nahen Osten oder Südasien.

Nach Ansicht der Menschenrechtsorganisation schadet das selektive Vorgehen der Behörden der nationalen Sicherheit: Es löse bei den Betroffenen Misstrauen oder Furcht vor der Polizei aus und senke die Bereitschaft, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. (APA/AP)