Berlin/Warschau - Die Forderung des polnischen Parlaments nach deutschen Kriegsentschädigungen ist in Berlin parteiübergreifend auf Kritik gestoßen. "Das belastet das Verhältnis zwischen unseren Völkern", betonte die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Angelika Schwall-Düren am Samstag. Die polnische Regierung distanzierte sich von der Resolution des Sejm und erklärte, man wolle keine Belastung der Beziehungen.

Der Sejm hatte am Freitag einstimmig bei einer Enthaltung die eigene Regierung aufgefordert, von Deutschland Reparationen für die Schäden des Zweiten Weltkriegs zu verlangen. Zudem appellierte er in seiner nicht bindenden Resolution an die deutsche Regierung, die eigenen Bürger davon abzuhalten, Ansprüche auf ehemaliges Eigentum in Polen zu stellen. Hintergrund sind Entschädigungsansprüche von deutschen Vertriebenen, die in Polen Empörung ausgelöst hatten. Die deutsche Bundesregierung hatte die Resolution nicht kommentiert.

Einhellige Ablehnung

Vertreter der Bundestagsparteien reagierten jedoch mit einhelliger Ablehnung. Schwall-Düren sagte der "Berliner Zeitung": "Wer sich ein negatives Bild vom Nachbarn macht, wird sich bestärkt fühlen." SPD-Politiker Peter Glotz meinte in der "Welt am Sonntag": "Jetzt sind die Polen dran, ihren national-konservativen Fundamentalismus zurückzudrängen."

Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag, Matthias Wissmann (CDU), appellierte an beide Seiten, Maß zu halten. "Auch unsere polnischen Freunde sollten wissen, wie viel Deutschland ihnen beim EU-Beitritt geholfen hat."

Retourkutsche

CDU-Außenexperte Friedbert Pflüger sagte im NDR, der Beschluss sei eine Retourkutsche auf die angekündigten Entschädigungsklagen der Vertriebenenorganisation Preußische Treuhand. Doch solle man nicht "eine gefährliche Forderung durch eine neue ersetzen". Die CDU trete deutschen Entschädigungsforderungen eindeutig entgegen.

Der FDP-Außenexperte Werner Hoyer erklärte, der Beschluss mache den Freitag zum "rabenschwarzen Tag für die delikaten und gleichzeitig für beide Seiten so wichtigen deutsch-polnischen Beziehungen". Zwar habe sich die polnische Regierung von dem Beschluss distanziert. Doch erwarte er, "dass sich auch im polnischen Parlament bald wieder die Stimme der Vernunft erhebt".

Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, glaubt nicht an einen Erfolg der polnischen Reparationsforderungen. Die Forderungen gegen Deutschland seien international genauso wenig durchsetzbar wie die Wiedergutmachungs-Klagen deutscher Vertriebener gegen Polen, sagte Steinbach im Hessischen Rundfunk.

Suche nach Lösung

Der polnische Ministerpräsident Marek Belka betonte nach einem Bericht der Nachrichtenagentur PAP, er verstehe die Besorgnis des Parlaments. "Wir haben diese Spirale nicht in Gang gesetzt", sagte er. Aber "ich glaube, wir sollten die Frage von deutschen Kriegsreparationen so lösen, dass die guten Beziehungen zwischen Polen und Deutschland nicht belastet werden". Beide Regierungen suchten nach einer Lösung, um "die Frage der Kriegsreparationen ein für alle Mal zum Abschluss zu bringen, auch im rechtlichen Sinne".

Das polnische Außenministerium erklärte, man halte die Reparationsfrage bereits "für abgeschlossen und sei entschlossen, die Frage nicht zur Belastung für die deutsch-polnischen Beziehungen werden zu lassen". (APA)