Der jüngste Rechnungshof-Bericht über generös und freihändig verteilte Subventionsmillionen bringt die steirische ÖVP - nach dem Estag-Skandal - neuerlich unter Druck. Stimmen nach Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses werden laut.

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Graz - Die steirische Landespolitik findet kaum noch zurück zur Tagesroutine. Seit eineinhalb Jahren steht das Land unter dem Eindruck der Vorgänge rund um den Energiekonzern Estag. Und nun rollt der nächste Skandal heran. Der Landesrechnungshof kritisierte in seiner jüngsten Untersuchung die vom STANDARD Ende 2003 aufgedeckte, unter dem Titel "Ortserneuerung" laufende dubiose Subventionspraxis.

Die STANDARD-Veröffentlichung dieses RH-Berichtes löste am Freitag in den steirischen Parteien ein heftiges Beben aus. SPÖ, FPÖ und Grüne verlangten von Landeshauptfrau Waltraud Klasnic "eine lückenlose Aufklärung" der undurchsichtigen Subventionsflüsse. Die FPÖ urgierte zudem die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses.

Freihändig vergeben

Mehr als 50 Millionen Euro wurden zwischen 2001 und 2003 ohne Kontrolle, zum Teil zweckentfremdend und völlig freihändig unter dem Titel "Ortserneuerung-Sondermittel" an Bürgermeister und Private verteilt. Das zumeist ausschlaggebende Kriterium für die Subventionen: gute Kontakte in die Regierungsbüros, wie der RH (siehe Faksimile unten) im Bericht aufdeckte.

Gefördert wurde, wonach Ortskaiser oder Privatpersonen ihre Landespolitiker baten. "Ortserneuert" wurden auf diese Weise Golfplätze, ein Legehennen-Betrieb, Skilifte, Flugschanzen, ein begehbares Holzkreuz, Schwebebahnen, der Fußballklub GAK bis hin zum privaten Museum im Tierpark Herberstein.

Im Nachhinein

Der Rechnungshof deckte auch auf, dass - völlig unüblich - der Großteil der Projekte im Nachhinein, nach der Fertigstellung, gefördert wurde. So wurde ein Projekt, das bereits 1994 fertig wurde, 2002 mit Subventionen bedacht. Nur 27 Prozent der Fälle liefen ordnungsgemäß ab. Zudem seien bei der Vergabe von Förderungen oft keine Begründungen verlangt worden; auch wurde nicht geprüft, ob überhaupt Genehmigungen für das jeweilige Projekt vorlagen

Die einzelnen Subventionen wurden - obwohl sie bisweilen eine Million Euro überschritten - an der Regierung vorbei vergeben. Was die SPÖ nun von "schwarzen Kassen" sprechen lässt. Ressortpolitisch verantwortlich war für den Zeitraum der RH-Prüfung Landeshauptfrau Waltraud Klasnic, generöser Subventionsverteiler aber der ehemalige Tourismus- und Sportlandesrat Gerhard Hirschmann.

VP-interner Konflikt vermutet

SP-Chef und Landeshauptfraustellvertreter Franz Voves vermutet nun einen VP-internen schweren Konflikt hinter dem RH-Bericht. Voves: "Der sollte sicher Hirschmann schaden und sein Image als Estag-Aufdecker beschädigen. Das funktioniert aber nicht, weil Waltraud Klasnic zuständig war."

Der gegenwärtig zuständige ÖVP-Landesrat Johann Seitinger, verteidigte am Freitag die Subventionspraxis: "Kein Bürgermeister hat sich beschwert über die Förderungen. Die Mitteln sind ordnungsgemäß geflossen." (DER STANDARD, Printausgabe 11./12.9.2004)