Immerhin, wenigstens die Regierung ist mit ihrer wohl letzten größeren Bastelei am Pensionssystem zufrieden.

Nach all den Scheingefechten innerhalb und zwischen den Regierungspartnern, in denen es weniger um soziale Gerechtigkeit als um die Schonung eher konservativer Wählerschichten und die Schönung blauer Verdienste für nicht näher definierte Schwerarbeiter ging, ist das nicht selbstverständlich, war aber erwartbar.

Die Regierungsparteien müssen ja auch an eine Zukunft denken, deren Horizont mit zwei Jahren begrenzt ist, da ist Selbstzufriedenheit das Mindeste, was sie zu deren Sicherung beitragen können.

An dieser als Harmonisierung verkauften Anpassung zum Schlechteren ist nichts harmonisch, weil eben wieder nicht gleiche Beiträge zu gleichen Pensionen führen; das Versprechen der Vereinfachung, wonach sich künftig jeder seine Pension selber ausrechnen könne, hat sich in Luft aufgelöst – die Pensionsberechnung wird komplizierter denn je; die Schwerarbeiterregelung per Verordnung ist verfassungsrechtlich problematisch; und die Behauptung, die die allgemeine Enttäuschung dämpfen soll, das neue Allgemeine Pensionsgesetz biete Sicherheit und Klarheit für Jahrzehnte, ist plumpe Bauernfängerei.

So wie die heutigen Pensionisten am Beginn ihrer Berufstätigkeit nicht wissen konnten, wie hoch ihre Pensionen einmal sein würden, so wenig wissen es heute die Einsteiger ins Arbeitsleben.

Denn viel mehr als von versicherungsmathematischen Erwägungen hängen die Pensionen von der Beschäftigungssituation und vom Reichtum einer Volkswirtschaft ab, und beides kann man heute höchstens insofern voraussagen, als der Trend zu Working Poor – möglichst flexibel und? unangemeldet –, der den Arbeitnehmern zurzeitals beste Garantie gegen Arbeitslosigkeit vorgegaukelt wird, zu einer Senkung der Pensionen führen muss:

Wer weniger verdient, bekommt später auch weniger Pension – da fährt die Eisenbahn drüber, nicht über Jörg Haiders sozialpolitische Aufpudeleien. Und dass die Rente nicht als später Ausgleich für Benachteiligung während des Arbeitslebens gedacht ist, wissen die Frauen am besten – sie werden auch in Zukunft mit diesem Wissen zu leben haben.

Nach dieser Aussaat verkündete die Regierung nun bei ihrer Klausur im Weinviertel die Heraufkunft einer "Zeit der Ernte". Ein schönes Bild – es gemahnt an den Herbst von Schwarz-Blau und fordert zur Erfüllung des Herrenwortes auf: An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen.

Unter Ernte werden sie ja wohl nicht die parlamentarische Nachlese verstehen, mit der sie die in vielen für die Öffentlichkeit inszenierten Schaukämpfen errungene Pensions- und Budgetharmonie auch formal ins Trockene bringen wollen.

War das nicht rührend, wie Finanzminister Grasser und Innenminister Strasser coram publico voneinander "unangenehm berührt" waren, um einander kaum drei Tage später in die Arme zu sinken! 2000 Polizisten weniger? Aber nicht doch – 400 mehr! Rührend ja, überraschend nicht. Auch die Pensionsreform ist ja so ausgegangen, wie es von Anfang an vorhergesehen wurde, von der Dauerhaftigkeit des Nulldefizits, um an eine andere heroische Leistung dieser Regierung zu erinnern, ganz zu schweigen.

Das Gesäte einfahren? Wenn denn Budget und Pensionsreform eingebracht sind, was gäbe es da noch zu ernten – außer Wählerstimmen? Zeit der Ernte, das klingt wie Rüsten zu einem langen Wahlkampf. Schon wird wieder einträchtig durch die Landschaft gewandelt, wie die Koalitionäre das unter fröhlichem Geträller schon im Frühling ihrer Beziehung pflegten. Bei Jause und Weinverkostung stärken sie sich für den Ernteeinsatz des kommenden Wahlkampfes – damit die Opfer der Pensionsreform endlich sehen, was echte Fröhlichkeit ist. (DER STANDARD, Printausgabe, 11./12.9.2004)