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Eigentlich müsste dieser Mann vor Selbstbewusstsein strotzen. Denn seiner Partei sagen die Demoskopen Stimmenzuwächse bei den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen in knapp zwei Wochen voraus. In Brandenburg schickt sich die PDS sogar an, erstmals bei einer Landtagswahl stärkste Partei zu werden. In diesem Fall wäre ihr Parteichef, Lothar Bisky, der außerdem Fraktionschef im Brandenburger Landtag ist, der erste Anwärter auf das Ministerpräsidentenamt.

Aber Bisky legt die Stirn in Falten und meint brummelnd: "Ich warne davor, die derzeitigen Erfolge für sicher zu halten." Er kritisiert zwar die in Ostdeutschland besonders umstrittene Arbeitsmarktreform Hartz IV. Bisky hält aber keine flammenden Reden – nicht einmal im Wahlkampf –, sondern vertritt eher zurückhaltend seine Positionen.

Als er 1993 zum ersten Mal zum Vorsitzenden der aus der DDR-Staatspartei SED hervorgegangenen Partei des Demo^kratischen Sozialismus (PDS) gewählt worden war, verbat er sich Vergleiche mit seinem Amtsvorgänger, dem quirligen und talkshowtrainierten Gregor Gysi. "Ich werde seine Schlagfertigkeit nicht haben", meinte er damals. Und vor kurzem bot er Gysi an, doch als Spitzenkandidat und Zugpferd für die nächste Bundestagswahl 2006 zu agieren.

Bisky hat sich auch nicht aufgedrängt, als es im Vorjahr galt, die Führung in der PDS wieder zu übernehmen, der der Wiedereinzug in den Bundestag 2002 nicht geglückt war. Es war schlicht kein anderer da, dem zugetraut wurde, die zerstrittenen Genossen wieder zusammenzubringen.

Bisky bezeichnet sich selbst als "gestandenen Linken", was ihm bei seiner Vita auch jeder abnimmt. Er wurde im August 1941 im heutigen Pommern geboren und wuchs als Flüchtlingskind in Schleswig- Holstein auf. Als 18-Jähriger traf er die Entscheidung, in die DDR zu übersiedeln. Er studierte Kulturwissenschaften, wurde 1963 Mitglied der SED und machte an den Universitäten Leipzig und Berlin Karriere. 1986 wurde Bisky Professor für Film- und Fernsehwissenschaft an der Hochschule für Film und Fernsehen Potsdam-Babelsberg. Gerüchte, dass der Vater dreier Söhne und seine Frau für die Staatssicherheit gearbeitet hätten, gab es, wurden aber nie eindeutig bewiesen.

Er war nie ein großer Held des Widerstandes in der DDR. Aber Bisky stellte sich stets vor seine Studenten – einmal sogar nackt vor deren Kameras, was Kulturfunktionäre gleich als Entweihung eines wichtigen staatlich-pädagogischen Amtes deuteten.

Jetzt kämpft er für eine "sozialere Welt", bleibt aber dabei stets Realist. In die Pläne zur Gründung einer Linkspartei ist Bisky eingeweiht, aber selbst will er sich dabei nicht engagieren. Denn wie schwierig ein solches Unterfangen ist, weiß er nur zu gut. (Alexandra Föderl-Schmid/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 10.9.2004)