Wien - Täglich melden sich weitere Autoren in Sachen "Austrokoffer" zu Wort. Gegenüber der APA erläuterte Alois Brandstetter, warum er das Projekt befürwortet. In der heutigen Ausgabe des "STANDARD" erschien ein Brief von Barbara Frischmuth, die "nicht abgedruckt" werden will. Rosa Pock-Artmann, Witwe von H. C. Artmann, sprach sich im Rahmen einer Pressekonferenz über den Nachlass ihres Mannes gegen eine Aufnahme seiner Texte aus. Der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S) möchte die Debatte zum Anlass nehmen, "grundsätzlich über die Urheberrechte nachzudenken."

Brandstetter: Schaden kanns nicht

"Austrokoffer"-Erfinder Günther Nenning hatte gestern den oberösterreichischen Schriftsteller Alois Brandstetter als Befürworter seines Projektes genannt. Brandstatter dazu im: "Vielleicht bin ich mit meiner Haltung ein Trottel, aber Kollegialität unter den Autoren gibt es sowieso nicht. Ich verspreche mir davon zwar nicht weiß Gott was, aber es kann auch nicht schaden. Ich habe meine Texte keinem Politiker zuliebe geschrieben, also hat das auch nichts mit Politikern zu tun. Ich brauch da nicht den wilden Mann zu spielen. Man kann natürlich gute Gründe haben, ein solches Projekt abzulehnen, wie etwa Thomas Bernhard, der sich bestimmt nicht daran beteiligt hätte aus seiner persönlichen Geschichte mit Österreich. Aber ich habe kein solches Problem, und schon Günther Nenning zuliebe, den ich sehr schätze, mache ich da mit".

Nähe zur Kronen-Zeitung und Regierung störe Brandstetter nicht

Brandstetter hält Nenning als Herausgeber einer Edition österreichischer Nachkriegsliteratur für "sehr qualifiziert". Dieser habe sich immer eingesetzt für österreichische Literaten, auch wenn sie noch nicht so bekannt waren, und er kannte auch viele von denen, die nicht mehr leben". Brandstetter erhielt vor vierzehn Tagen einen Brief Nennings und auch der IG Autorinnen Autoren: "Ich verstehe die Haltung der IG nicht. So ein Projekt ist doch ein Vorteil für die Autoren". Die von Kritikern vorgeworfene Nähe des Projektes zur "Kronenzeitung" und zur Regierung stört ihn nicht: "Mir geht es um Nenning als Person, seinetwegen mache ich mit. Und warum sollen mich die Politiker stören? Sie haben nichts mit meiner Arbeit zu tun".

Frischmuth: "austrochauvinistisches Gehabe"

Nicht mitmachen wird Barbara Frischmuth, deren Brief an Nenning im heutigen "STANDARD" abgedruckt ist. Neben dem "austrochauvinistischen Gehabe" des Projektes störe sie auch, "wie unliterarisch" Nenning denke. In einem Brief an sie habe er ihr nämlich bezüglich der Autoren-Liste versichert, dass "so gut wie alle Anti-Schüssel und Anti-Schwarz-Blau" seien. "Auch stoße ich mich zusehends an der Bezeichnung Austrokoffer. Zu sehr erinnert sie mich an den seinerzeitigen Sex-Koffer für die Schulen", so Frischmuth.

Witwe Artmanns hätte rechtlich keine Handhabe Aufnahme in den "Koffer" zu verhindern

Die Witwe von H.C. Artmann, Rosa Pock-Artmann, hat keine Anfrage Nennings betreffend H.C. Artmanns Aufnahme in den Austrokoffer erhalten. "Ich würde Nein sagen, aber ich hätte rechtlich keine Möglichkeit, die Aufnahme zu verhindern", so Pock-Artmann im Rahmen einer Pressekonferenz zum Nachlass ihres Mannes im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Ebenfalls anwesend war Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (S), der auf Nachfrage meinte, dass keine konkreten Anfragen zur Unterstützung des "Austrokoffers" an die Stadt Wien ergangen seien. Der Hintergrund der Querelen um den Austrokoffer seien Fragen der "Sorgfalt und Fairness im Umgang mit den Urhebern in diesem Land", meinte der Kulturstadtrat. (APA)