Brüssel - Die EU-Kommission hat am Mittwoch erstmals eine gentechnisch veränderte Pflanze EU-weit für den Anbau zugelassen. 17 Sorten der Maislinie Mon 810 sollten nach einer Entscheidung der Brüsseler Institution in den EU-Sortenkatalog aufgenommen werden. Jedes im EU-Sortenkatalog verzeichnete Saatgut darf in allen EU-Staaten angebaut werden.

Das Produkt der Firma Monsanto muss aber als gentechnisch verändert gekennzeichnet sein. Für den Bauern gebe es damit Wahlfreiheit, betont man in der EU-Kommission. Auch alle aus der Ernte gewonnenen Lebensmittel müssen nach EU-Recht als genetisch veränderte Produkte gekennzeichnet sein.

Zweite Entscheidung: keine Entscheidung

Verschoben wurde hingegen am Mittwoch eine Entscheidung der EU-Kommission über die Kennzeichnungspflicht für konventionelles Saatgut. Die EU-Kommission will eine Regelung beschließen, wonach eine unbeabsichtigte Verunreinigung mit gentechnisch verändertem Saatgut bis zu einem Schwellenwert von 0,3 Prozent zulässig wäre. Einige Kommissare wollen sogar einen Schwellenwert von 0,5 Prozent einführen.

Würde also in konventionellem Saatgut eine geringfügige Verunreinigung unter dem Schwellwert nachgewiesen, bliebe dies für den Hersteller ohne Konsequenzen, so der Vorschlag. Die EU-Kommission will aber noch die wirtschaftlichen Auswirkungen der verschiedenen Schwellenwerte prüfen, eine Entscheidung ist daher bis zum Ende ihrer Periode am 31. Oktober sehr unwahrscheinlich.

Kritik aus Österreich

Umweltminister Josef Pröll übte am Mittwoch deutliche Kritik an der Entscheidung der Europäischen Kommission zur Eintragung der gentechnisch veränderten Maislinie Mon 810 in den EU-Sortenkatalog. Der Minister betonte, dass man in Österreich weiterhin alles daran setzen würde, die GVO (gentechnisch veränderte Lebensmittel) freie Produktion zu stärken sowie den Einsatz der Gentechnik in der österreichischen Landwirtschaft hintan zu halten.

Auch Wolfgang Pirklhuber, Landwirtschaftssprecher der Grünen, machte im Rahmen einer Aussendung seine Kritik an der EU-Entscheidung deutlich. Er äußerte die Befürchtung, dass mit der Aufnahme von Mon 810 in den EU-Sortenkatalog die Schleuse für eine Agro-Gentechnik-Landwirtschaft nach dem Muster der USA in Europa geöffnet würde.

0,0-Prozent-Regelung gewünscht

Die Wiener Umweltstadträtin Ulli Sima (S) sieht durch diesen EU-Beschluss "die Entscheidungsfreiheit der heimischen Bauern und Konsumenten, die den Einsatz der Gentechnik in Landwirtschaft und Lebensmittel mehrheitlich entschieden ablehnen, massiv eingeschränkt". Die Umweltorganisation Global 2000 forderte hingegen von Minister Pröll endlich klare und verbindliche Koexistenzregelungen für konventionelle und gentechnisch veränderte Maissorten.

Auch der Kärntner Agrarlandesrat Josef Martinz (V) sprach sich am Mittwoch für eine 0,0-Prozent-Regelung in Österreich aus. Wer in Österreich Saatgut kaufe, habe die Garantie eines hundertprozentig GVO-freien Anbaues. "Ich appelliere daher an unsere Landwirte, im Sinne unserer Konsumenten und unserer ökologischen Landwirtschaft diesen Weg einzuschlagen", sagte Martinz bei einer Pressekonferenz in Klagenfurt. Er betonte weiters, dass mit den Kärntner Lagerhäusern vereinbart worden sei, in den kommenden Jahren kein gentechnisch verändertes Saatgut zu verkaufen.

Sonderweg angepeilt

Erst vor kurzem hatten der Landwirtschaftsminister und Martinz in Klagenfurt die Gentechnik-Charta des Bundes unterzeichnet. "Österreich soll innerhalb der EU das Land werden, das sich auf den Anbau gentechnisch unveränderter Saatgüter spezialisiert", dazu der Agrarlandesrat. Wichtig sei jedoch die Sicherstellung ausreichender Mengen Saatgut für die Landwirte. (APA)