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In Friedrich Schillers Trauerspiel "Maria Stuart" führt der Streit um den Thron am Ende zum Schwesternmord. Während die amtierende Königin Elisabeth im Palast die Gefahr der ihr schutzbefohlenen Schwester durch die Mauern kriechen hört, hockt diese, eine schottische Gattenmörderin, Gnade halber noch im Schloss Fotheringhay im Keller und hofft bekanntlich erfolglos auf gute Befreiungspläne ihrer männlichen Verehrer.

Ali M. Abdullah (ComPLEXtheater), Graz-Umrührer und Wien-Eroberer, hat diesen beiden tragischen Größen in einer verkürzten Version namens Kill Mary! im WUK ein Ständchen gewährt. Er setzt alles aufs Spiel und verliert alles. Die Sache läuft postdramatisch übers Ufer und wird schnell ein zäher Sprech-, Hör- und Singstrom aus Schillerschen Restversen.

Auf der leeren Bühne vor der riesigen Videowand gibt allein der Mikrofon-ständer den Musenkuss, weil nur da sind die Spieler bei sich: Es ist gewiss einfacher, Nancy Sinatra zu singen als Schiller zu sprechen. Wenn sie bedeutungsvoll Sentenzen der Macht rezitieren, wird es mühsam. Hille Beseler als Maria Stuart kann zum Glück fast so gut flüstern wie die Sinatra 1966, jetzt in Kill Bill 1: "Bang Bang (My Baby Shot Me Down)". Dazu hätte es aber keinen Schiller gebraucht.

Der szenische Rest ist schmal: Die Königin (Gisela Salcher) nippt vor der TV-Konfrontation (in Sadomaso-Ausführung!) am Fünfuhrtee und klebt dann daheim das Fernsehbild zu, auf dem ihre Kontrahentin in Großaufnahme stets größer, jünger, "schöner" ihre Politik der Gefühle demonstriert. Horst Heiß ist einmal mehr der Guitar-Man alias Mortimer alias Leicester alias Shrewsbury etc., der einige der kruden Übergänge ehrenhaft zu retten versucht. Oje. (afze/DER STANDARD, Printausgabe, 7.9.2004)