Wien - Was auch immer bei der Verpflanzung von Organen - abgesehen von der chirurgischen Technik - geschieht, es kommt auf die Immunologie an.

Dr. Fadi Lakkis, Immunolgie-Spezialist von der Yale Universität in den USA: "In den 15 Jahren hat sich besonders viel bei der Erforschung des adaptiven Immunsystems getan. Ein Antigen wird von Abwehrzellen erkannt, den B- und T-Zellen präsentiert. Diese spezifischen Zellen vermehren sich. Sie beseitigen das Antigen. Die meisten von ihnen sterben ab, der Rest wird zu Gedächtniszellen, um sich daran zu erinnern (falls es zu einer weiteren Attacke kommt, Anm.)."

Erwünschte und unerwünschte Abwehr

Die Frage ist allerdings, wie das Immunsystem zwischen einem echten Angriff - in der Transplantationsmedizin ein verpflanztes Organ (fremdes Antigen) - erkennt oder entscheidet, dass keine Gefahr droht. Lakkis: "Man hat gelernt, dass die Antigen-präsentierenden Zellen erst ein bestimmtes Muster an fremden Antigenen als gefährlich erkennt." Liege das nicht vor, würde das Immunsystem nicht reagieren.

Die Fliegen-Genetiker sorgten für einen Durchbruch in der Erkenntnis: Sie entdeckten die so genannten Toll-like Rezeptoren bei Fruchtfliegen (Drosophila, Anm.). Sie gibt es auch bei Säugetieren und beim Menschen. Lakkis: "Diese Rezeptoren erkennen Oberflächenmoleküle die jeweils bei einer ganzen Reihe von Bakterien und Keimen vorkommen. Werden sie stimuliert, erfolgt eine Aktivierung der Antigen-präsentierenden Zelle. Das ist auch das Signal für ihr Wanderung in das Lymphsystem, wo dann die Abwehrreaktion in Gang kommt."

Feinderkennung

Dieser Teil des Immunsystem kann jedenfalls neben Mikroben auch Tumoren, Spenderorgane oder gar Gewebe von anderen Arten erkennen. Es handelt sich dabei um einen Teil des angeborenen Immunsystems. Es unterscheidet zunächst einmal grob, ob Gefahr präsent ist oder nicht. Erst dann wird der spezifische, adaptive Teil des Immunsystems aktiviert.

Ersteres dürfte die erste Stufe der Abstoßungsreaktion sein. Lakkis: "Ein Kollege hat das an Mäusen untersucht. Wenn man diesen Signalweg blockierte, tolerierten neun von zehn Mäusen Haut von einem anderen Tier. Das ist ein deutlicher Hinweis, dass dieser Mechanismus etwas mit der Organabstoßung zu tun hat."

Aktivierungssignale

"Zu den wichtigsten Arbeitsgebieten an unserem Institut werden die Signale gehören, die es geben muss, um T-Zellen zu aktivieren", sagte beim Transplantationskongress Montag früh Univ.-Prof. Dr. Josef Penninger, Chef des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) in Wien. "Uns geht's vor allem darum, die ganz wichtigen Signale zu identifizieren", fügte er hinzu.

Dabei geht es den Wissenschaftern um Angehprige der CARD-Gene (CARD11). Penninger: "Wenn man dieses Gen ausschaltet, funktionieren die T-Zellen nicht mehr. Der Kontakt zwischen diesen Zellen und jenen, welche fremde Antigene präsentieren, ist entscheidend für eine Immunabwehr-Antwort und somit wahrscheinlich auch für eine Abstoßungsreaktion.

Was dahinter steckt: dieser Mechanismus setzt zentral und relativ spät bei der Entwicklung von Abwehrreaktionen des Immunsystems ein. Penninger: "Die Mäuse, bei denen wir ihn ausschalteten, hatten sonst ein normales Immunsystem, sie konnten aber nicht auf fremde Antigene reagieren. Das wäre ein ideales Ziel für mögliche Interventionen."

Cbl-b

Ein anderes Antigen, mit dem sich Penninger und sein Team beschäftigen: Cbl-b bei Mäusen. Normalerweise benötigt das Immunsystem - aus Sicherheitsgründen - zwei verschiedene Signale, um aktiv zu werden. Was sich heraus stellte: Schaltet man Cbl-b aus, ist kein zweites Signal mehr notwendig. Das könnte beispielsweise einen Hintergrund für Autoimmunerkrankungen wie Typ-1-Diabetes (juveniler Diabetes) oder Multiple Sklerose darstellen.

Der Wissenschafter: "Cbl-b kontrolliert aber auch die immunologische Toleranz von T-Zellen gegenüber einzelnen Proteinen." Diese Immunzellen benötigen dieses aktivierte Gen, um nicht zu stark zu reagieren. Es schaltet T-Zellen ab und blockiert damit die Immunabwehr. (APA)