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Der Rechnungshof übt in seinem Rohbericht scharfe Kritik am Hauptverband.

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Wien - Der Rechnungshof-Rohbericht zur Chipkarte im Gesundheitswesen enthält massive Vorwürfe gegen den Hauptverband der Sozialversicherungsträger. Unter anderem wird Teilen der Geschäftsführung vorgeworfen, Aufträge gegen die Vergaberichtlinien und überteuert vergeben zu haben. Auch wird das Projekt noch mehr kosten als ohnehin schon veranschlagt. Präsentiert wurde der Rohbericht von Kärntens Landeshauptmann Jörg Haider (F), der bei einer Pressekonferenz in Wien Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V) zum Handeln aufforderte.

Hohe Personalkosten und "großzügige" Experten-Beauftragung

Der Rechnungshof stellt dem Projekt-Management jedenfalls ein vernichtendes Zeugnis aus. Vor allem nahmen die Prüfer die eigens errichtete ChipBE zur Umsetzung der Karte ins Visier. Der Sinn dieser Errichtungs-Gesellschaft blieb dem Rechnungshof verborgen. Zusätzlich werden hohe Personalkosten und die "großzügige" Beauftragung externer Experten kritisiert.

Besonders auffällig sind in diesem Zusammenhang zwei Fälle. Der Sprecher der Hauptverbandsgeschäftsführung, Josef Kandlhofer, zeichnete für eine mündliche Abmachung mit einer Forschungsgruppe (RISE) an der TU Wien verantwortlich, die das Chipkarten-Projekt unterstützen sollte. Konkret war geplant, dass der beauftragte Professor ein Sicherheitsnetz gestalten sollte, wenn der eigentliche Auftragnehmer scheitern sollte.

Kritik in neun Punkten

Der Rechnungshof bemängelt an dieser Vorgangsweise nicht weniger als neun Punkte. Die wichtigsten: Die Beauftragung über 2,28 Millionen Euro erfolgte nicht nach den Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes, es hätte die gesamte Hauptverbands-Geschäftsführung mit dem Vertrag befasst werden müssen, und überhaupt sei die Parallelentwicklung angesichts des knappen Zeitbudgets "wenig sinnvoll" gewesen. Detail am Rande: Die Akonto-Zahlung von 250.000 Euro wurde zwar auf das Institutskonto gebucht, wanderte aber nach vier Tagen auf das Konto des Professors.

"Überkoordinator"

Ebenfalls eigenwillig erscheint die Beauftragung eines so genannten Programmdirektors, der sich als "Überkoordinator" verstand. Ausgewählt wurde die Person von Kandlhofer und dem für EDV zuständigen Hauptverbands-Sprecher Volker Schörghofer, obwohl die ChipBE Zweifel an der technischen Kompetenz des Mannes hatte. Letztlich wurde dem Programmdirektor ein Vertrag für zwei Jahre mit einem Gesamt-Honorar von 654.000 Euro überreicht. Auch hier wäre nach Auffassung des RH eine Ausschreibung nötig gewesen. Allerdings räumte der Direktor dann ohnehin nach drei Monaten seinen Posten.

Entscheidungsstrukturen nicht klar

Allgemein kritisiert der Rechnungshof auch, dass beim gesamten Projekt die Entscheidungsstrukturen zwischen Hauptverband und ChipBE nicht klar strukturiert und von Ad-hoc-Entscheidungen gekennzeichnet gewesen seien. Hoch erschien dem RH weiters der Personalaufwand in der Chipkarten-Gesellschaft. Die Mitarbeiter kassierten durchschnittlich 45 Prozent mehr, als es der vergleichbare Kollektivvertrag vorsieht. Die Prokuristen verdienten mehr als die Geschäftsführer, obwohl sie nur ein bis zwei Mitarbeiter leiteten. Gesamt werden die Kosten für das Karten-Projekt vom Rechnungshof nunmehr mit mindestens 128 Millionen Euro angegeben.

Haider nahm diesen Rohbericht zum Anlass, Werbung für die Position der Länder bei den Finanzverhandlungen über die Spitalsfinanzierung zu machen. Denn wie kämen denn die Länder dazu, mehr zu zahlen, so lange in der Sozialversicherung das Geld verschwendet werde. Auch hat er den Verdacht, dass bei dem ganzen Projekt einige Leute "mitschneiden". Am Zug ist für den Landeshauptmann jetzt die Regierung und im Speziellen Gesundheitsministerin Rauch-Kallat: "Sie soll nicht nur über Gesundheitsagenturen philosophieren sondern über Geld-Verschwendung nachdenken." Schließlich sei die ganze Sache "kein kleiner Fisch". (APA)