"Die große Mehrheit der Medikamente wirkt nur bei 30 bis 50 Prozent", schockierte Allen Ross vergangenen Dezember die Öffentlichkeit. Ross ist immerhin Präsident von Glaxo- SmithKline, einem der weltweit größten Pharmakonzerne, und dürfte als solcher an üppiger Produktion von Arzneimitteln mehr als interessiert sein.

Das Ziel der Forschungsbestrebungen lautet demnach: die richtige Medizin für den geeigneten Patienten in der passenden Dosierung zu finden. Die metabolische Analyse könnte auch in dieses Dunkel Licht bringen und den Traum von der maßgeschneiderten Therapie sowohl bei Krebs als auch bei chronischen Erkrankungen verwirklichen helfen. Wie in der Diagnostik wird auch im Bereich der Behandlungen intensiv geforscht.

Richtige Dosis

"Es ist der richtige Weg", zeigt sich etwa Andrea Griesmacher vom Landeskrankenhaus Innsbruck überzeugt. Griesmacher testet gemeinsam mit Biocrates Life Sciences die richtige Dosierung von Immunsuppressiva für Transplantationspatienten in der Nachsorge. Nach einer Organtransplantation erhalten Patienten Medikamente, um die Abstoßungsreaktionen des Immunsystems zu unterdrücken. Diese Medikamente erhöhen allerdings das Risiko für die Patienten, Tumoren zu entwickeln oder andere Organe zu schädigen. Eine genaue Dosierung ist deshalb besonders wichtig: nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig. Wie viel von dem Wirkstoff sich gerade im Blut befindet, ist deshalb die Grundlage für die Verabreichung. "Der im Moment gebräuchliche Test kann das Originalmedikament und bestimmte Abbauprodukte miteinander verwechseln", erklärt Klaus Weinberger von Biocrates. Die massenspektrometrische Analyse erlaube im Gegensatz dazu eine viel exaktere Anpassung. Die Methode sei außerdem kostengünstiger zu bewerkstelligen. Noch in diesem Winter werde das Gerät an der Klinik eingesetzt.

Vom Durchbruch individuell angepasster Medikamente sei man aber noch "weit entfernt", gesteht Weinberger. Dass es die so bald nicht geben werde, glaubt auch Gen-Au, die österreichische Plattform für Genforschung. Ein Grund dafür könnten die hohen Entwicklungskosten sein: Ob es diese Medikamente tatsächlich einmal geben werde, hänge maßgeblich von der Industrie ab: Für sie müsse es nämlich vor allem rentabel sein, den Aufwand für Produkte zu betreiben, die dann nur von bestimmten Patientengruppen genommen würden. (prie/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6. 9. 2004)