Wien – Scharfe Kritik an der regierungsinternen Diskussion über 45 Arbeitsjahre für die Pension kommt von der stellvertretenden Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, "Das ist eine Zumutung und eine Armutsfalle vor allem für die Frauen."

Die schwarz-blaue Koalition "negiert völlig die Lebensrealität vor allem junger Leute zwischen 25 und 40 Jahren und in erster Linie der Frauen". Die Formel "45 Jahre sind genug" sei eine Verhöhnung und von älteren Männern für ältere Männer gemacht worden. In Wahrheit bedeute dies nichts anderes als eine weitere massive Pensionskürzung für die Betroffenen.

Glawischnig: "Wenn die 45 Jahre tatsächlich Arbeitsjahre sind, also keine Anrechnung von Kindererziehung oder Präsenzdienst, muss man mit 15 Jahren zu arbeiten anfangen, die Matura in der Nacht machen, niemals arbeitslos werden. Das ist etwas, das niemand mehr kann, keiner kann sich so was leisten. Da wird von ÖVP und FPÖ offenbar ganz bewusst eine deutliche Pensionsreduzierung in Kauf genommen."

Dem stehe das Modell der Grünen einer Grundsicherung im Alter gegenüber. "Ein Pensionsanspruch für alle, egal wie viele Arbeitsjahre, Ersatzzeiten oder Ähnliches jemand hat." Dies würde auch für teilzeitbeschäftigte Frauen eine Erleichterung darstellen.

"Nicht vorgreifen"

Seitens der ÖVP gibt es noch keine klare Antwort auf die jüngste FP-Forderung zur Harmonisierung der Pensionssysteme. FPÖ-Chefin Ursula Haubner hatte gefordert, dass beim vorzeitigen Pensionsantritt nach 45 Beitragsjahren nicht nur Arbeitsjahre angerechnet werden sollen, sondern auch die Kindererziehung. Bildungsministerin und VP-Vizechefin Elisabeth Gehrer meinte am Samstag: "Das ist ein Diskussionspunkt, ich möchte diesen Diskussionen nicht vorgreifen."

Auch sonst zeigte sich Gehrer zurückhaltend: 98 Prozent der Harmonisierung seien ausverhandelt, über die restlichen zwei Prozent werde noch verhandelt. Die 45-Jahre-Forderung des ÖVP-Arbeitnehmerflügels sei nur ein "Verhandlungsauftrag".

Dass Tirols AK-Präsident Fritz Dinkhauser seinen Parteifreund Wirtschaftsminister Martin Bartenstein als "Sargnagel" der Regierung bezeichnet hat, nimmt Gehrer gelassen: "Das Ziel einer großen Partei kann es nicht sein, immer harmonisch zu wirken. Dass der Herr Dinkhauser manchmal zu starken Ausdrücken neigt, das wissen wir ja."

"Tauziehen"

Kritik am regierungsinternen "Tauziehen" um die Pensionsharmonisierung kommt auch von der SPÖ. Für Bundesgeschäftsführerin Doris Bures habe Gehrer nur "zusätzliche Verwirrung gestiftet". Laut SP-Modell könnten Schwerarbeiter mit 60 Jahren ohne Abschläge in Pension gehen. Bundeskanzler Wolfgang Schüssel solle endlich "diese inzwischen unendliche Geschichte im Sinne der Betroffenen zu einem Abschluss bringen". (red, APA/DER STANDARD, Printausgabe, 6.9.2004)