Innsbruck - Starke Schmerzen werden in Zukunft möglicherweise mit wesentlich geringeren Nebenwirkungen als bisher bekämpft werden können. Einer Innsbrucker Forschergruppe ist die Entwicklung einer "neuen Generation" von stark wirksamen Schmerzmitteln gelungen. Weil sie nicht ins Gehirn gelangen, rufen sie - im Gegensatz zu Opioid-Analgetika wie beispielsweise Morphin- im Tierversuch keine vom Zentralnervensystem vermittelten Nebenwirkungen wie Atemdepression, Übelkeit oder Benommenheit hervor.

Die gegenwärtige Therapie von starken und chronischen Schmerzen ist in erster Linie auf die Verwendung von Opioid-Analgetika wie Morphin, Fentanyl oder Oxycodon angewiesen. Die Dosierung und Anwendbarkeit dieser Substanzen ist aber limitiert, weil sie starke, über das Zentralnervensystem vermittelte Nebenwirkungen hervorrufen und ein hohes Sucht- und Missbrauchpotenzial mit sich bringen.

Wirkung ohne Umweg über das Gehirn

Vorteil der von der Forschungsgruppe um Univ.-Prof. Helmut Schmidhammer vom Institut für Pharmazie der Universität Innsbruck neu entwickelten Wirkstoffe sei es, dass sie direkt am Ort des Schmerzgeschehens wirken. Die Blut-Hirn-Schranke wird von dem peripher wirksamen Opioid-Analgetikum nicht überwunden. Damit werden auch die durch das Zentralnervensystem vermittelten Nebenwirkungen nicht mehr hervorgerufen.

Dies ermögliche erstmals die angemessene Dosierung eines starken Schmerzwirkstoffes. Eine Verbesserung der Lebensqualität von Patienten, die auf dauerhafte Schmerzbehandlung angewiesen sind - beispielsweise Tumor-Patienten oder Patienten, die an entzündlichen Gelenkserkrankungen oder neuropathischen Schmerzen leiden - soll damit erreicht werden. Das Forscherteam strebe sowohl eine intravenöse als auch transdermale (Anm.: über die Haut) sowie orale Anwendung ihres Therapeutikums an.

Ersters derartiges Mittel am Markt

Derzeit gebe es kein Medikament auf dem Markt, das auf dem genannten Wirkmechanismus beruht, sagte Peter Kayatz, Geschäftsführer von AlcaSynn Pharmaceuticals, ein zur weiteren Entwicklung des Medikaments gegründetes Spin-off Unternehmen der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck der APA. Zur Zeit befinde man sich bei der Entwicklung gerade in der Phase der späten Präklinik. Erfolg versprechende Daten aus gut auf den Menschen übertragbaren Tiermodellen würden bereits vorliegen. Gegen Mitte bis Ende nächsten Jahres werde es voraussichtlich erste klinische Tests geben. In sechs bis sieben Jahren könne das Medikament dann voraussichtlich auf den Markt kommen. Man sei im Gespräch mit großen Pharmafirmen, die an dem neuen Wirkstoff sehr interessiert seien, sagte Kayatz. Gemeinsam mit einem Pharmaunternehmen wolle man dann die weitere Entwicklung des Medikaments vornehmen.

Das neue Opioid-Analgetikum wurde im Rahmen eines EU-Projekts des 5. Rahmenprogramms und einem weiterführenden FWF-Projekt entwickelt. Gefördert wird das Forschungsprojekt vom CAST (Center for Academic Spin-offs Tyrol) und der Life Science Austria (LISA), dem Biotechnologie Schwerpunktprogramm der Austria Wirtschaftsservice GmbH (AWS). (APA)