Salzburg - Einen "menschenverachtenden Umgang" mit Beschäftigten, die älter als 50 Jahre sind, warfen heute, Freitag, der Salzburger Arbeiterkammer-Präsident Siegfried Pichler und der Landesvorsitzende der Eisenbahner-Gewerkschaft (GdE), Walter Androschin, den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) vor. Besonders betroffen von Kündigungen im Krankenstand, um Geld einzusparen, seien in Salzburg weibliche Reinigungskräfte. Die AK klagte die ÖBB in mehreren Fällen. Eine Kündigung wurde bereits vom Arbeits- und Sozialgericht als sozialwidrig eingestuft und als nichtig erklärt.

In den vergangenen drei Jahren seien durch Einsparungsmaßnahmen im Salzburger Reinigungsdienst der ÖBB viele Frauen in Pension geschickt worden. Durch die Mehrbelastung bei gleicher Arbeitszeit sei es zu einer Häufung von Krankheitsständen gekommen. Drei über 50-jährigen Mitarbeiterinnen "wurde ohne einem kollegialen Mitarbeitergespräch die Kündigung nach Hause geschickt", schilderte Johanna Ruess, Vertrauensperson des Salzburger Hauptbahnhofs und Ortsfrauenvorsitzende der GdE.

"Kommentarlos verabschiedet"

"Leute, die sich in vielen Fällen nach 20 oder 30 Dienstjahren krank gearbeitet haben - auch Krebsfälle sind darunter - werden einfach kommentarlos verabschiedet", kritisierte AK-Präsident Pichler. "Das Problem ist, dass die Betroffenen im leeren Raum stehen. Sie sind zu gesund, um eine Invaliditätspension zu bekommen." Nach der Kündigung hätten diese Menschen am Arbeitsmarkt aber keine Chance. Zudem würden den Arbeitnehmern die nötigen Beitragsjahre fehlen, wenn sie in Pension gehen.

Hintergrund dieser "unglaublichen Vorgänge" bei den ÖBB sei die Gesetzeslage, aber auch die "unsägliche ÖBB-Strukturreform mit dem damit verbundenen Einsparungszwang beim Personal", betonte Pichler. Die Rechtsberater der Arbeiterkammer verzeichnen im Land Salzburg insgesamt 60 Fälle quer durch alle Unternehmenssparten, wo es zu Kündigungen durch längere Krankenstände gekommen sei. "Die Arbeitswelt wird immer brutaler. Wir fordern die Wiedereinführung des Entgeltfortzahlungsfonds, denn jetzt müssen Unternehmer selbst für die Entlohnung von Beschäftigten im Krankenstand sorgen", sagte Pichler.

"Grundsatzjudikatur nötig"

Schwere Vorwürfe gegen das Management der ÖBB erhob auch Eisenbahngewerkschafter Androschin. Durch das "Sozialabbauprogramm erleben wir eine Fülle von vorzeitigen Dienstaustritten. Vor zehn Jahren gab es fast keine, im Jahr 2003 waren es bundesweit 1.700." Zudem würden Mitarbeiter des unteren und mittleren Arbeitsbereiches der ÖBB nicht mehr befördert, oder die Beförderung nicht mehr ausbezahlt werden, sagte Androschin. Den Vertretern der AK und der Gewerkschaft gehe es jetzt um eine "Grundsatzjudikatur". Drei Verfahren seien in Salzburg bei Gericht anhängig, eines am Landesgericht in erster Instanz gewonnen, ein vierter Prozess wird vorbereitet. "Wir möchten den Betroffenen Mut machen, sich zu wehren", betonte Pichler. (APA)