Wien - Die Großfusion in der Gewerkschaft ist akut vom Scheitern bedroht. Sowohl bei der Privatangestellten-Gewerkschaft als auch bei den Metallern war man zuletzt eher skeptisch, dass es zum Zusammenschluss kommen wird. So bestätigt auch der Chef der Gewerkschaft Agrar-Nahrung-Genuss (ANG), Rainer Wimmer, auf Anfrage der APA, dass die Gespräche zwischen GPA und Metallern nicht wie gewünscht verlaufen seien. Als Alternative kann er sich fürs Erste eine nur losen Zusammenarbeit der Gewerkschaften vorstellen, wie sie der andere Block Infra um Gemeindebedienstete und Eisenbahner bevorzugt. Die Entscheidung fällt wohl nächste Woche. Mittwoch früh tagt das ÖGB-Präsidium, für den Freitag wurde ein außerordentlicher Metaller-Vorstand einberufen.

Zur Vorgeschichte: Am 8. Oktober 2001 hatten die traditionell verfeindeten Gewerkschaften Metall und GPA zur Überraschung auch von ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch bekannt gegeben, einen Zusammenschluss vorzunehmen. Später schlossen sich Drucker, ANG und Chemiearbeiter an. Letztere sind mittlerweile abgesprungen, da ihnen der Fusions-Prozess zu mühselig voranging. Eigentlich sollte die Fusion ja heuer oder spätestens im nächsten Jahr vollzogen sein.

Davon ist schon längst keine Rede mehr. GPA und Metaller sind wieder heillos zerstritten und nun beginnt auch die Zeit zu drängen, da die Privatangestellten für das neue Gewerkschaftshaus in Erdberg allenfalls andere Mieter suchen müssen, sollte das Projekt scheitern. Offiziell ging es in den letzten Monaten vor allem ums Geld. Die drei Arbeitergewerkschaften stießen sich an Aktivitäten der GPA, die nichts mit traditioneller Gewerkschaftsarbeit zu tun hätten - etwa dem Betrieb einer Shopping Mall.

"Es schaut nicht schlecht aus"

Um die Wogen zu glätten, wurde ÖGB-Finanzchef Günther Weninger beauftragt, die Geschäfte der GPA und ihrer Privatstiftung zu durchleuchten. Der Bericht liegt seit vergangener Woche vor und ist positiv ausgefallen, wie auch Wimmer indirekt bestätigt: "Es schaut nicht schlecht aus." Trotzdem bleibt er bei der auch von Druckern und Metallern vertretenen Position, dass etwa der Betrieb eines Einkaufszentrums nicht zum Kerngeschäft einer Gewerkschaft gehören könne.

Aber nicht nur das Finanzielle trennt die beiden wesentlichen Spieler im Fusions-Poker. Auch die menschliche Ebene zwischen den Vorsitzenden Rudolf Nürnberger (Metall) und Hans Sallmutter (GPA) ist gestört. Und bezüglich der Machtverteilung in der neuen Gewerkschaft seien die letzten Gespräche ebenfalls nicht so ausgegangen wie gewünscht, sagte Wimmer. Die Schuld will er niemandem zuschieben. Falsch seien aber in jedem Fall Gerüchte, dass Nürnberger gegen den Zusammenschluss agiere.

"Es ist wirklich alles möglich"

Zwiespältig fällt die Einschätzung des ANG-Chefs zur aktuellen Situation aus: "Es ist wirklich alles möglich." Einerseits sei es von der Stimmung her "relativ schwierig", das Projekt so zu realisieren, wie es ursprünglich vorgesehen gewesen sei. Andererseits gebe es "in Wirklichkeit keine Alternative". Deshalb wäre für Wimmer ein Scheitern des Projekts in der kommenden Woche nur ein Vorläufiges. Es müsse einfach zu Zusammenschlüssen kommen. Sollte es jetzt also nichts mit dem Großprojekt werden, will Wimmer möglichst rasch prüfen, ob man den (eigentlich überholten) Fusions-Beschluss der ANG mit den Metallern wieder in Kraft setzen kann.

Die nächste und vielleicht letzte Gelegenheit zur Aussprache bietet sich kommendem Mittwoch im ÖGB-Präsidium. Schon vorher - nämlich am Montag - treten die Drucker zu einem Routine-Vorstand zusammen. Die endgültige Entscheidung müsste dann am Freitag fallen, wenn der Metaller-Zentralvorstand zu einer außerplanmäßigen Sitzung zusammentritt. Aus der Gewerkschaft hieß es zu diesem Termin, er sei nicht in die Richtung zu interpretieren, dass dem Projekt zugestimmt wird. Am Montag darauf tagt dann die ANG, die sich traditionell den Beschlüssen der Metaller anschließt. Dienstags schließen die Privatangestellten den Reigen der Vorstände mit einer Sitzung außer Programm ab.

Keine Stellungnahme zur ganzen Causa wollte übrigens GPA-Chef Hans Sallmutter abgeben. Auch ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch will sich nicht äußern. Metaller-Chef Rudolf Nürnberger weilt derweil noch dienstlich in China. (APA)