Wien - Beim Internationalen Kongress der Transplantationsgesellschaft in Wien präsentieren auch österreichische Wissenschaftergruppen ihre Studienergebnisse. Hier Kurzfassungen der Projekte:

Bekämpfung der Abstoßungsreaktion

Eine Autorengruppe um Univ.-Prof. Dr. Günther Laufer (jetzt an der Klinischen Abteilung für Herzchirurgie der Universität Innsbruck tätig, ehemals am Wiener AKH) untersuchte, wie sich ein neues Medikament zur Bekämpfung der Abstoßungsreaktion (Everolimus) bei Herztransplantierten über einen Zwei-Jahres-Zeitraum hinweg auswirkt.

In der internationalen Studie mit insgesamt 634 Patienten, die entweder zwei unterschiedliche Dosierungen von Everolimus (1,5 Milligramm oder drei Milligramm pro Tag) oder Azathioprin zusammen mit Cyclosporin A, Cortison und Statine bekommen hatten, zeigte sich dass das neue Medikament Komplikationen (Abstoßungsreaktionen, Versagen des Organs und Todesfälle) zu einem höheren Prozentsatz verhinderte (mit einer Häufigkeit von 45,9, 36 oder 57,5 Prozent). Die niedrige Dosis von Everolimus erwies sich als sicherer als die höhere.

Medikamententest

Univ.-Prof. Dr. Rainer Oberbauer von der Wiener Universitätsklinik am Wiener AKH und eine internationale Wissenschaftergruppe beobachteten 430 Patienten nach Nierentransplantationen. Alle Patienten bekamen zur Verhinderung der Organabstoßung zunächst Cyclosporin A, Sirolimus und Cortison. Bei der Hälfte der Patienten wurde nach drei Monaten Cyclosporin abgesetzt. Dabei zeigte sich, dass in der Gruppe der 215 Transplantierten, die kein Cyclosporin A mehr bekommen hatten, mehr der Spenderorgane weiterhin funktionierten (96,1 zu 90,5 Prozent). Cyclosporin A, jenes Medikament, das vor rund 20 Jahren den Durchbruch der Transplantationsmedizin brachte, ist bekannt für seine Nieren-schädigende Wirkung.

Chancenbestimmung

Das Vorhandensein bzw. die Absenz von Mikrometastasen in Lymphknoten bei Dickdarmkrebs kann ein wichtiges Mittel zur Bestimmung der Chancen eine Lebertransplantation bei Patienten sein, welche Metastasen in der Leber aufweisen. Das haben Dr. Sonja Kappel und Co-Autoren von der Wiener Universitätsklinik herausgefunden.

Liegen solche Mikrometastasen (p53-Gen-Defekte) in den Lymphknoten bei der Entfernung des primären Tumors vor, dann sollte laut den Wissenschaftern keine Lebertransplantation mehr vorgenommen werden. In diesen Fällen dürfte nämlich auch die "neue" Leber schließlich befallen werden.

Gemischter Chimärismus mit Toleranzinduktion

Dr. Peter Blaha von der Abteilung für Transplantationschirurgie an der Wiener Universitätsklinik und weitere Wiener Wissenschafter haben bei Mäusen erfolgreich einen Gemischten Chimärismus mit Toleranzinduktion gegenüber Spenderorganen etablieren können. Das gelang im Tiermodell (Mäuse) und vereinzelt auch beim Menschen bisher durch die Verabreichung einer hohen Menge an Knochenmark-Stammzellen von einem Spender mit vorheriger intensiver Strahlen- und Zytostatikabehandlung.

Für die Transplantationsmedizin beim Menschen ist das aber kein gangbarer Weg. Die Wissenschafter transplantierten Mäusen Stammzellen von genetisch anderen Artgenossen, behandelten sie gleichzeitig mit einem monoklonalen Antikörper (anti-CD154, "Ko-Stimulationsblockade) und gaben ihnen danach für einige Wochen Rapamycin, Cortison und Mycophenolat mofetil. Diese nur kurzzeitige Immunsuppression führte bei fast allen Versuchstieren (80 bis 100 Prozent, je nach Zahl der transplantierten Knochenmark-Stammzellen) zu einem Gemischten Chimärismus. Die meisten Tiere tolerierten auch die Übertragung von fremden Hautteilen.

Marker zur Früherkennung von Abstoßungsreaktionen

Dr. Gerald Brandacher von der Abteilung für Transplantationschirurgie der Universitätsklinik in Innsbruck und andere Innsbrucker Wissenschafter suchen nach neuen Möglichkeiten, Abstoßungsreaktionen nach Nierentransplantationen möglichst früh zu erkennen. Ein Marker dafür kann offenbar die Konzentration des Enzyms Indoleamine-2,3-Dioxygenase sein (IDO) bremst die Vermehrung von T-Lymphozyten und hemmt sie in ihrer Funktion.

Bei den Untersuchungen an 30 Patienten nach Nierentransplantationen stellte sich heraus, dass IDO ein Marker für die Aktivierung des Immunsystems - und eine Abstoßung - sein könnte. Weiters könnte man eventuell in Zukunft über diesen Mechanismus zu neuen Möglichkeiten in der Beeinflussung von Abstoßungsreaktionen kommen.

Atherosklerosehemmung

Dr. R. Öllinger von der Chirurgischen Universitätsklinik in Innsbruck und seine Co-Autoren haben herausgefunden, dass die Gallen-Pigmente Bilirubin und Biliverdin die für transplantierte Organe "typische" Atherosklerose hemmen können. Die Wissenschafter gingen unter anderem von der Beobachtung aus, gesunde Menschen mit höheren Bilirubin-Konzentrationen im Blut weniger "Verkalkung" in ihren Blutgefäßen aufweisen als Personen mit wenig Bilirubin im Blut. Für ihre Versuche setzten sie bei Ratten mit erhöhten und bei Ratten mit genetisch determiniertem geringen Bilirubin-Spiegel Verletzungen in der Halsschlagader (Carotis) und untersuchten deren Arterien schließlich nach zwei Wochen.

Fazit: Bei dem Ratten-Stamm (Gunn-Ratten) mit erhöhten Bilirubin-Werten war es zu einer geringeren Verdickung der Gefäßwand (im Vergleich zu den Tieren mit wenig Bilirubin/Wistar-Ratten) gekommen. Die Wissenschafter schließen daraus, dass man bei Transplantationspatienten sowohl Bilirubin als auch Biliverdin anwenden könnte, um die langfristig für ein Spenderorgan gefährliche Atherosklerose und im Endeffekt auch die chronische Abstoßungsreaktion in den Griff zu bekommen. (APA)