Platzgumer: "Ich befürchte, dass sich der durchschnittliche Wähler wieder mal nichts Anderes zutraut, als Schwarz zu wählen, egal wie viel Schabernack mit ihm bereits getrieben wurde."

foto: GEORG GAIGL
Der Musiker Hans Platzgumer unterstützt die Vorarlberger Grünen für die kommende Landtagswahl. Im E-Mail-Interview mit derStandard.at erklärt er Rainer Schüller, warum.

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derStandard.at: Der New Yorker Lou Reed singt in "Small Town": "There is only one good use for a small town: You hate it and you'll know you have to leave." Sie haben selbst eine Zeit lang in New York gelebt. Jetzt unterstützen Sie die Grünen beim Vorarlberger Landtagswahlkampf. Warum?

Platzgumer: Ich unterstütze die Grünen generell, und da ich nun in Vorarlberg wohne, bin ich in den lokalen Wahlkampf verzettelt. Im Stil von ‘Think Global Act Local’ also. Ich habe eine irrsinnig hohe Meinung von Van Der Bellen - einer der gewissenhaftesten und integersten Politiker, die ich mir vorstellen kann - und habe Vertrauen in die österreichischen Grünen.

Lou Reeds Zitat finde ich übrigens ziemlich naiv. Die meisten Amerikaner bleiben halt bis zu ihrem 50. Lebensjahr Teenager.

derStandard.at: Sie haben mit "fingerfood" eine Platte aufgenommen, wo Sie zu Ihre einzelnen Musikstücke jeweils mit Kochrezepten verbanden. Welches Rezept würden Sie den Vorarlberger Grünen empfehlen?

Platzgumer: Ein Kochrezept als Kunstform mit Musik zu assoziieren macht ja noch Sinn, aber das jetzt in ein ‘Wahlrezept’ umzulegen erscheint mir doch ziemlich weit hergeholt. Die V-Grünen erscheinen kollegial, auf Du-und-Du mit den Bürgern. Das dürfte eine gute Idee sein hier.

derStandard.at: Sie bieten Grün-WählerInnen Ihren 1997er-Song "Binnenland" gratis zum Download (siehe links oben) an. Welche "österreichische Thematik" hat Sie damals zu dem Stück inspiriert? Was ist der aktuelle Bezug?

Platzgumer: Das war natürlich Anti-Blau, und wandte sich gegen den Großteil der Ö-Bevölkerung, der völlig lethargisch dem Sturz der österreichischen Politmoral bei Fuß stand. Und heute ist dieses österreichische, ewig konservative, lahmarschige Denkverhalten in Sachen Schwarz-Blau leider wieder ähnlich. Die konservativen Mächte in unserem Land schaffen es leider immer wieder das politische Verständnis der Österreicher völlig einzulullen und auszunutzen.

derStandard.at: Wie lautet Ihre Prognose für die Wahl. Wer wird gewinnen, wer verlieren? Wird Sausgruber die Absolute schaffen?

Platzgumer: Die Grünen werden sicherlich einer der Wahlgewinner sein und die FPÖ wird sicherlich viel verlieren, zum Glück.

Doch ich befürchte, dass sich der durchschnittliche Wähler wieder mal nichts Anderes zutraut als Schwarz zu wählen, egal wie viel Schabernack mit ihm bereits getrieben wurde und noch getrieben werden wird.

derStandard.at: Die Grünen konnten in Vorarlberg bei der vergangenen EU-Wahl im Vergleich zur letzten Landtagswahl um mehr als zehn Prozent zulegen. Denken Sie, dass ein derartiges Ergebnis (um die 16 Prozent) auch im September möglich ist?

Platzgumer: Auf jeden Fall kann zugelegt werden, wenn auch klassischerweise wohl nicht so viel wie bei EU-Wahlen, denke ich.

derStandard.at: In ländlichen Gebieten tun sich die Grünen erfahrungsgemäß schwer. Was sind die konkreten Probleme im "Ländle"?

Platzgumer: Hürden sind halt immer die fehlende Anonymität, die vorgefärbte Information, provinzielle Feigheit und bäurischer Konservativismus. Deshalb fand ich es ja auch wichtig, als Teil der Stimmen, die sich ‘outen’ Grün zu wählen, ein Exempel zu statuieren.

derStandard.at: Sie haben auch einmal mit den "Goldenen Zitronen" gearbeitet, die in ihren Anfangsjahren die "Anarchisten"-Hymne "Für immer Punk" sangen. Nun tritt mit Bernhard Amann in Vorarlberg einer an, von dem es heißt, er sei ein "Anarchist". Was halten Sie vom Vorsitzenden von "vau-heute"? Denken Sie, dass er den Grünen Stimmen kosten wird?

Platzgumer: Vorneweg: "Für Immer Punk" ist nun wirklich keine Anarchisten-Hymne. Das war Mainstream Fun-Punk, und die Band würde sich auch eher als Trotzkisten denn als Anarchisten bezeichnen, denke ich.

Der Amann ist ein hochgeschätzter Bekannter von mir. Ich finde großartig, was er macht - nur finde ich tatsächlich, dass man im Moment die liberalen Stimmen bündeln muss, um besser gehört zu werden. Deshalb unterstütze ich auch die Grünen, weil ich mir da mehr Ergebnis und somit mehr politischen Fortschritt erwarte.

derStandard.at: Könnten Sie sich vorstellen, selbst mal in die Politik zu wechseln?

Platzgumer: Keinesfalls. Mir wäre das Buhlen um Stimmen, die omnipräsente Polemik und das ständige sich-im-Diskurs-Kreis-Bewegen zuwider.

derStandard.at: Welche Politik wünscht sich der Musiker Hans Platzgumer für Österreich?

Platzgumer: Eine Koalition aus Grün und vau-heute als neue Regierung!