Vor 65 Jahren belferte Adolf Hitler sein "Seit 5.45 Uhr wird zurückgeschossen" über die Rundfunksender des Großdeutschen Reichs. Der von ihm gewollte, geplante und herbeigeführte Krieg hatte begonnen (zunächst gegen Polen). Eine Umfrage hat kürzlich ergeben, dass sehr viele Österreicher über diesen Krieg nichts oder wenig wissen bzw. wissen wollen. Das ist nicht unbegreiflich. Der Friede dauert schon so lang und die so genannte Vergangenheitsbewältigung hatte hierzulande immer einen schweren Stand. Man muss auch verstehen: Für die allermeisten Österreicher und ihr Leben hat dieser Krieg keine spürbare Resonanz und Relevanz mehr. Dennoch behält dieser größte Raub-, Mord- und Vernichtungskrieg unserer Geschichte und zugleich aller Zeiten seine innere, immer währende Bedeutung für uns. Einfach deshalb, weil ein so monströses Verbrechen (und das war dieser Krieg an sich, nicht nur der damit verbundene Judenmord) bei uns und zum Teil mit uns geschehen ist. Die speziell österreichische Schande ist, dass genug Leute in offiziellen Funktionen und in einer Regierungspartei die Natur dieses Krieges leugnen und (im Unterschied zu Deutschland) dennoch unbehelligt bleiben. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2. 9. 2004)