Wien - Der anlässlich des Jubiläumsjahres 2005 vom Publizisten Günther Nenning gepackte literarische "Austrokoffer" mit österreichischer Literatur nach 1945 stößt weiter auf Kritik. Laut IG Autorinnen Autoren-Geschäftsführer Gerhard Ruiss haben nach Marlene Streeruwitz weitere AutorInnen, darunter Elfriede Jelinek, Daniel Kehlmann, Friedrich Achleitner und Norbert Gstrein, ihre Mitwirkung an der von Ueberreuter verlegten Anthologie definitiv ausgeschlossen.

Spezialfall "Heldenplatz"

In einer Aussendung kritisiert Ruiss unter anderem, dass nicht bekannt sei, ob die in den "Austrokoffer" aufgenommenen Texte in alter Rechtschreibung bzw. den Individualschreibweisen der AutorInnen erscheinen oder in die neue Rechtschreibung übertragen werden. Eine solche Übertragung sei urheberrechtlich problemlos möglich, wenn keine anderen Vereinbarungen getroffen würden, und Ueberreuter veröffentliche seine sonstigen Publikationen in der neuen Rechtschreibung.

Ruiss fordert außerdem, "schon aus Gründen des selbstverständlichen Respekts", von der geplanten Aufnahme von Thomas Bernhards Roman "Frost" sowie einem Auszug aus seinem letzten Stück "Heldenplatz" abzusehen, da dieser "mit seinem Testament garantiert ausgeschlossen" habe, "in einer staatstragenden Publikation literarisch mitzuwirken". Insbesondere, als es die beim "Austrokoffer" als Sponsor auftretende Kronen Zeitung gewesen sei, die eine Kampagne allergrößten Ausmaßes gegen den "Heldenplatz" geführt habe.

Verlag verwehrt sich

Der Geschäftsführer des Carl Ueberreuter Verlages, Fritz Panzer, verwehrte sich gegen die Bezeichnung des "Austrokoffers" als "staatstragende Publikation": "Das Projekt wird vom Bund gefördert wie die IG Autoren auch", so Panzer. Mit der "Kronen Zeitung" gebe es lediglich eine Vereinbarung, dass diese die Publikation bewerbe, sie sei aber "kein Sponsor in dem Sinn." Über die vorgesehen Aufnahme der Bernhard-Texte könne er gegenwärtig noch nichts sagen, da es noch keinen Vertrag mit dem Suhrkamp Verlag gebe, bei dem Bernhards Werk erschienen ist, so Panzer.

Die Werke der aufgenommen Autoren würden in der Rechtschreibung erscheinen, in der sie auch zuletzt erschienen seien, stellte Panzer weiters klar. Er werde überdies, auch wenn das eigentlich nicht üblich sei, an alle AutorInnen schreiben und ihnen die Sachlage erklären. "Ich bin sehr erstaunt darüber, dass Ruiss sich so stark macht dafür, dass für die österreichische Literatur nichts gemacht wird im Rahmen der Republikfeierlichkeiten", so Panzer. (APA)