Der Nominierungsparteitag der Republikaner in New York führt jedem Beobachter in ungemein sinnlicher Weise vor Augen, welche politischen Welten heute in den USA aufeinander prallen. Für die Demonstranten, die jenseits der Absperrungen um den Madison Square Garden ihren Unmut äußern, ist George W. Bush der schlechteste Präsident, den Amerika je hatte, ein kriegslüsterner, intellektuell minderbemittelter Söldner der Konzerne, der an seiner Aufgabe, die Welt sicherer zu machen, schmählich gescheitert ist. Für seine Fans, die ihm in der Konventhalle zujubeln, ist er ein prinzipienfester, nüchterner und entschlossener Anführer der Nation, der sich der Herausforderung der Terrorismusbekämpfung mit Bravour gestellt hat. Der Brückenschlag zwischen diesen beiden Welten ist schwierig geworden und das politische Klima auf eine Art verschärft, die über die übliche bloße Wahlkampfgereiztheit hinausreicht. Mit seinen ans Gehässige grenzenden Attacken gegen den Demokraten John Kerry hat der New Yorker Exbürgermeister Rudy Giuliani am Montag einen Ton angeschlagen, von dem man nur hoffen kann, dass er nicht für den gesamten Parteitag bestimmend sein wird. Bemerkenswert ist, mit welch unterschiedlichen Parteitagsstrategien Demokraten und Republikaner die Schlussphase eines Wahlkampfs eröffnet haben, bei dem das Feld immer noch eng geschlossen ist. Die Demokraten haben jede überscharfe Attacke auf Bush vermieden, die Republikaner hauen dagegen nach Herzenslust auf Kerry hin. Das hat mehrere Gründe: Das Kerry-Bashing soll Bush offenbar Flankenschutz beim Thema "Irakkrieg" geben, wo die Zweifel vieler Amerikaner, dass dieser Krieg zur Bekämpfung des Terrorismus wirklich notwendig war, zugenommen haben. Und es lenkt von der innen- und wirtschaftspolitischen Bilanz einer Präsidentschaft ab, die ebenfalls überzeugender hätte ausfallen können. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.9.2004)