Leipzig/Berlin – Der Ton zwischen dem früheren SPD-Chef Oskar Lafontaine und dem deutschen Bundeskanzler Gerhard Schröder wird rauer. Nachdem Lafontaine bei seinem Auftritt bei der Montagsdemonstration in Leipzig Schröder indirekt zum Rücktritt aufgefordert hatte mit der Forderung "Die müssen weg in Berlin", schoss der Regierungschef zurück: Lafontaine lasse keine Gelegenheit aus, "sich selbst zu diskreditieren". Dass Lafontaine sich in seiner Heimat Saarland, wo nächsten Sonntag Landtagswahlen anstehen, als Wahlhelfer für den dortigen SPD- Spitzenkandidaten Heiko Maas verdingt, kommentierte Schröder so: Maas hätte eine profundere Unterstützung verdient.

Der niedersächsische SPD- Landesparteivorsitzende Wolfgang Jüttner empfahl seiner Partei, den Auftritt von Lafontaine einfach nicht zu beachten. "Ignorieren statt dramatisieren", so sein Rat. Unterstützung für Lafontaine kam von der Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit, die von Gewerkschaftern gegründet wurde. Deren Vorsitzender Klaus Ernst verteidigte Lafontaine gegen Kritik aus der SPD: "Die tun ja so, als sei er ein Aussätziger."

Inzwischen läuft die Umsetzung der Arbeitsmarktreform Hartz IV an, gegen deren Einführung am Montag erneut rund 100.000 Menschen in 190 deutschen Städten protestiert hatten. Wie das Wirtschaftsministerium am Dienstag bestätigte, ist für die Einführung von Hartz IV umgerechnet rund eine Milliarde Euro vorgesehen. Die erste Tranche über 400 Millionen Euro wurde am Dienstag be- reitgestellt. Sie soll zum Auf- bau von so genannten Jobcentern genutzt werden. Künftig soll ein Vermittler für 150 Arbeitssuchende statt bisher rund 400 zuständig sein.

Die Bundesanstalt für Arbeit räumte indes ein, dass sie 13.700 Mitarbeiter mehr zur Umsetzung der Reform benötige. Die Behörde beschäftigt derzeit bereits 96.000 Mitarbeiter. Durch Hartz IV wird nicht nur die Arbeitslosen- und Sozialhilfe zusammengelegt, sondern auch die Hilfe zur Jobsuche ausgebaut. (DER STANDARD, Printausgabe, 1.9.2004)