Ein des Deutschen mächtiger Tourist muss sich in diesen Tagen in Österreich von Schwerarbeitern nachgerade umzingelt fühlen. Angesichts der laufenden Debatte um die Pensionsharmonisierung drängt sich nämlich der Eindruck auf, dass es nur die Lage der "Arbeiter der Faust" (Copyright Bernd Marin) zu berücksichtigen gäbe. Erstaunlicherweise (oder symptomatisch?) bleiben dafür andere Gruppen oder Problemfelder in der politischen Diskussion fast ausgeblendet.

Die spezifischen Erwerbsbiografien von Frauen und deren oft pensionsmindernde Auswirkungen etwa oder die Frage der Bildungsphasen, die sich im neuen Pensionssystem rächen könnten, werden von ÖVP und FPÖ nicht thematisiert. Und Zwischenrufe von Gewerkschaft und Opposition, die diese blinden Flecken aufzeigen, werden geflissentlich ignoriert.

Schwarz und Blau kümmern sich um den Faustarbeiter, der im öffentlichen Bewusstsein natürlich ein Mann ist. Als solcher hat er auch die größten Chancen, 45 Versicherungs- oder Beitragsjahre, egal welche, überhaupt zusammenzubringen. Bleiben ihm doch in den meisten Fällen noch immer familienbedingte Berufsunterbrechungen oder Karriereeinbrüche erspart.

Darum hätten zumindest bei den Frauen im ÖAAB-Vorstand die Alarmglocken schrillen müssen, als die Herrschaften den Beschluss "45 Jahre sind genug" trafen und dabei reine Beitragszeiten, also ohne Ersatzzeiten etwa für Kindererziehung, meinten. Das würde nämlich bedeuten, dass für Frauen, für die ab 2033 auch 65 als Pensionsantrittsalter gilt, Pensionsabschläge der Regelfall wären. Still und heimlich würden Frauen so zu den Verliererinnen der Harmonisierung gemacht. Nach dem Motto: Frauen arbeiten ja auch nicht schwer, sondern aus Liebe - zum Kind, zum Mann, für die Familie?! (DER STANDARD, Printausgabe, 30.8.2004)