Frankfurt/Wien - Die deutsche Bundesregierung habe einen zu einseitigen Blick und verharre oft in traditionellen Rollenmustern. Sie komme in der Nachhaltigkeitsstrategie nach wie vor dem eigenen Anspruch, die Gleichstellung von Frauen und Männern bei allen politischen Maßnahmen zu fördern, nicht nach. Diese Kritik übt "genanet - Leitstelle Geschlechtergerechtigkeit, Umwelt und Nachhaltigkeit" in einer Stellungnahme zum jetzt vorliegenden Entwurf des ersten Regierungsberichts zur nationalen Nachhaltigkeitspolitik.

Die Autorinnen fordern in der Stellungnahme, viel konsequenter für alle Kapitel des Berichts zu prüfen, ob und in wie weit Frauen und Männer aufgrund ihrer sozialen Rollen unterschiedlich von politischen Planungen betroffen sind bzw. welche Auswirkungen die entsprechenden Entscheidungen auf die Geschlechterverhältnisse haben.

Ein Beispiel

Dass diese Sichtweise selten existiere, sei beim Thema Demographischer Wandel besonders auffällig. "Das entsprechende Kapitel im Fortschrittsbericht könnte auch "Potenziale älterer Männer" heißen. Denn Frauen mit ihren kürzeren und oft unterbrochenen Erwerbsbiographien sind dort gar nicht einbezogen. Dass diese Realität sich schon jetzt in geringeren Renten niederschlägt und somit für viele Frauen ein Problem darstellt, wird nirgendwo erwähnt. Aber auch die unterschiedliche Situation von Frauen und Männern im ländlichen Raum oder Überlegungen, was beim Ausbau Erneuerbarer Energien zu beachten wäre, um diesen sozial und geschlechtergerecht zu gestalten, werden im Bericht nicht berücksichtigt", so Anja Becker von genanet.

Es sei zu begrüßen, dass die Bundesregierung ihre Politik unter Nachhaltigkeitsaspekten bilanziere, aus der Genderperspektive bestehe jedoch erheblicher Verbesserungsbedarf. Für die kommende Berichtsperiode müssten daher Genderexpertinnen und -experten explizit in die Gestaltungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen werden.

genanet

genanet ist eine bundesweite Koordinations- und Servicestelle mit Sitz in Frankfurt/Main. Ziel ist es, Gender Mainstreaming in der Umwelt- und Nachhaltigkeitspolitik zu verankern. Finanziell gefördert wird die Leitstelle vom Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt. (red)