Wien – Die Ungereimtheiten rund um den zuerst fast abgeschlossenen und dann am vergangenen Donnerstag offiziell geplatzten Deal der Telekom Austria (TA) mit der Swisscom erreichen eine neue Dimension.

Neben den bereits bekannten auffälligen Aktienumsätzen sind nun auch umfangreiche Optionsgeschäfte an den beiden Tagen vor dem Platzen des Deals bekannt geworden.

Investoren setzten auf fallende Kurse

An der Terminbörse Ötob wurden am Dienstag und Mittwoch so viele Telekom-Put-Optionen gehandelt wie noch nie. Mit diesen setzten Investoren auf fallende Kurse, als alle noch von der Fusion mit der Swisscom und Kursgewinnen ausgingen. Der Verdacht: Insider könnten ihr Wissen zu Geld gemacht haben, bevor das Scheitern bekannt wurde. Das Optionen-Volumen war rund fünfzehnmal so hoch wie üblich, der Wert der Optionen ist in der Folge der Ereignisse dann auch um 800 Prozent gestiegen.

Üblicherweise kaufen Investoren, die auf ein Steigen der Aktie setzen, einen solchen Put zur Absicherung. "Aber solche Mengen ein bis zwei Tage vor dem überraschenden Platzen des Deals und dem folgenden Kurssturz der Aktie?", fragen sich Händler in Wien. Gleichzeitig konnte sich die TA-Aktie an diesen beiden Tagen am Kassamarkt nie über rund 14 Euro hinausbewegen – was dafür spricht, dass bereits große Verkaufsorders in den Auftragsbüchern den Kaufaufträgen gegenüberstanden.

Händler und Fondsmanager in Wien kritisieren, dass die ÖIAG am Donnerstag, dem entscheidenden Tag der Verhandlungen, die Aktie der TA nicht überhaupt vom Handel ausgesetzt hat. Dazu hätte sie die TA beauftragen müssen.

Volksbanken-Fondsmanager Horst Simbürger: "Dann wäre der Kurs zwar auch gestürzt – aber ohne die möglichen Ungereimtheiten, die wir jetzt haben." Das ist auch der Tenor in den Handelsabteilungen der Banken.

ÖIAG: "Haben uns korrekt verhalten"

"Wir haben uns korrekt verhalten", sagt Anita Bauer, Sprecherin der ÖIAG, die am Donnerstag um 12.55 Uhr per E-Mail Medien und Börse gleichzeitig vom geplatzten Deal informierte.

Allerdings wurden wie berichtet in den wenigen Sekunden vom Aufblinken der Meldung in den Agenturen Bloomberg und Reuters bis zur automatischen Unterbrechung an der Wiener Börse wegen hoher Schwankungen Hunderttausende Aktien zu einem Kurs um die 14 Euro gehandelt. Damit konnten einige Marktteilnehmer gut verdienen. Anderen wurden im Gegenzug in diesem Zeitraum ihre im Vertrauen auf den Deal aufgegebenen Kauforders auf diesem hohen Niveau durchgeführt, was zu einiger Aufregung auch bei Kunden führte. Denn der nächste Kurs wurde nach einer Handelsunterbrechung um 15.42 Uhr auf einem Niveau von 11,39 ermittelt – 20 Prozent tiefer.

FMA nimmt Marktteilnehmer unter die Lupe

Die Finanzmarktaufsicht (FMA) untersucht nun, ob Insider am Werk waren, und schaut allen Marktteilnehmern – auch den ausländischen Banken – in die Bücher. Immerhin wäre ja möglich, dass in den Deal involvierte Insider Verkaufsorders platzierten. Die FMA sucht jetzt Herkunft und Uhrzeit der Verkaufsorders. Die Untersuchungen werden vermutlich Monate dauern. Für Aufregung ist gesorgt, auch was das Verhältnis der Finanzmarktaufsicht zur ÖIAG betrifft: "Sie haben sich mit ihrer Informationspolitik zwar an die Börsengesetze gehalten, trotzdem ist die Kommunikation zumindest unglücklich, wenn nicht sogar dilettantisch gelaufen", sagt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik zum STANDARD.

"Wenn die Telekom wegen der Swisscom-Gerüchte um 20 Prozent steigt, ist doch klar, dass sie kollabiert, wenn der Deal platzt", sagt ein Experte, der das Nichtaussetzen vom Handel ebenfalls kritisiert. Jeder wisse, wie die Börse funktioniert und wie man unangreifbar gleiche Chancen herstellen könne. (Karin Bauer, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.8.2004)