Dieses Land ist geschlagen. Anscheinend ist hier niemand zu einer halbwegs vernünftigen Wirtschaftspolitik fähig. Die Regierung und ihre Helferleins in der ÖIAG zeigen soeben, dass sie nur von einer "Privatisierung" schwafeln können, aber das Handwerkliche nicht beherrschen (und Interessen Österreichs missachten). Die große Oppositionspartei reagiert darauf mit einem "Wirtschaftskonzept", das – Überraschung! – Steuererhöhungen (vor allem für den Mittelstand) vorsieht.

Privatisierungsdilettanten

Wenn die Privatisierungsdilettanten also einmal abgelöst werden (was angesichts der Performance der Opposition nicht so sicher ist), dann wird das "neo-liberale" Gemurkse durch paläo- sozialistischen Retrostyle ersetzt. Die zentrale wirtschaftspolitische Figur dieser Regierung, Karl-Heinz Grasser, ist ein "Blender" (Christian Rainer, Herausgeber des profil). Seit zwei Jahren verhandelt man über den Verkauf an eine Schweizer Staatsfirma. Aber auf den letzten Metern kommen die von der ÖIAG drauf, dass sie eine Gesetzesänderung brauchen.

Karl-Heinz liefert eine seiner berühmten Präsentationen, auf die schon die halbe Nation hereingefallen ist (Warum nicht auch Schweizer Firmenchefs und der Schweizer Finanzminister?): Das Politische mach' ich schon! – Nur leider, Karl-Heinz ist ein Leichtgewicht, das Jörg Haider mühelos wegpusten kann, weil es von Schüssel nicht mehr gehalten wird.

Besteuerung von Gemeinwesen

Die zentrale wirtschaftspolitische Figur einer rot- grünen Regierung wird Christoph Matznetter. Der hat soeben ein Wirtschaftsprogramm erarbeitet. Es besteht, soweit bekannt, aus Steuererhöhungen bzw. "aus einer gleichmäßigen Besteuerung jener Bereiche, die derzeit nicht zum Gemeinwesen beitragen" (Zitat laut Kurier) – also höhere Steuern auf "Kapitaleinkünfte, Vermögenszuwächse, hohe Mieterträge, Lizenzgewinne und Unternehmensgewinne" (laut Kurier). Dafür soll der Faktor Arbeit entlastet werden.

"Kapitaleinkünfte": Das klingt nach couponschneidendem Rentier mit dicker Zigarre wie aus den SPÖ-Karikaturen der 50er-Jahre, umfasst aber nach aller Logik auch die Sparbuchzinsen aller Österreicher (privates Geldvermögen derzeit: 311 Milliarden Euro). Also wohl eine Erhöhung der KESt (35 statt 25 Prozent? – Karl-Heinz träumt auch davon). Aber es geht auch um Wertpapiere, in die die Österreicher inzwischen massiv investiert haben. Kursgewinne nicht mehr wie bisher nach einem Jahr "Spekulationsfrist" steuerfrei, sondern voll der Progression unterliegend. Auch jene Dutzenden Milliarden Euro, die die Österreicher inzwischen zur Vorsorge in Investmentfonds angelegt haben. So viel zur Stärkung der privaten Vorsorge.

Keine Senkung des Spitzensteuersatzes

Die Besteuerung von "hohen Mieterträgen" und Lizenzgewinnen ist vorläufig noch rätselhaft. Was es sicher nicht geben wird, ist eine Senkung des Spitzensteuersatzes – d. h. der Satz von 50 Prozent greift ab der seit 16 Jahren nicht veränderten Grenze von 51.000 Euro pro Jahr. Dazu kommt aber – diesmal aus der Werkstatt Gusenbauer – eine Anhebung und völlige Auflassung der Höchstbeitragsgrundlage in der Krankenversicherung. Derzeit zahlt jeder, der mehr verdient als 3.450 Euro monatlich, seinen Beitragssatz nur von dieser Höchstbeitragsgrundlage. Die Grünen wollen das auch. Unter Rot- Grün dann die nach oben offene Gusenbauer-Skala.

Das ist ein Programm zur konfiskatorischen Besteuerung von ein paar Hunderttausend Angehörigen des (oberen) Mittelstandes. Die SPÖ bringt es noch so weit, dass diese Leute Schwarz- Blau für das kleinere Übel halten. (DER STANDARD Printausgabe 24.08.2004)