Also wieder nichts. Nun schon im dritten Anlauf scheiterte die große Fusion Telekom Austria/Swisscom erneut. Irgendwer in der Regierung muss da die Reißleine gezogen haben. Vielleicht hat ja Jörg Haiders unmittelbar davor ausgesprochene polemische Warnung, der Telekom drohe ein Schicksal der Bank Austria, etwas damit zu tun.

Da Finanzminister Karl-Heinz Grasser voll hinter dem Deal stand (er befahl die Telekom-Vorstandsmitglieder zu einem Treffen mit Swisscom-Managern), stellt sich einmal mehr die Frage nach der Qualifikation dieses "Wirtschaftspolitikers".

Fragen nach der ganzen Konzeption

Aber es bleiben Fragen nach der ganzen Konzeption. Was wollte Grasser mit dem Blitzverkauf der Telekom Austria (TA) erreichen? Der verweigert jede öffentliche Erklärung für den Verkauf eines österreichischen Schlüsselbetriebes. Das ist an sich schon skandalös (noch schlimmer ist, dass ihn niemand effizient zur Rede stellt).

Was war dann das Motiv? Einfach weg damit, weil Grasser die in Post und Telekom besonders starken Gewerkschaften brechen will? Oder lassen sich Grasser und die Herren in der ÖIAG doch von unternehmenspolitischen Überlegungen leiten? Die Swisscom ist zwar ein Staatsbetrieb, aber die Telekom Austria braucht eben einen "strategischen Partner"?

Dieses Argument hat sich schon beim beabsichtigten und gescheiterten Blitzverkauf der Voest an die "Magna" als brüchig erwiesen. Bei der Telekom mag das anders sein. Man liest überall vom großen Konzentrationsprozess in der Telekombranche, das gegenseitige Niederkonkurrenzieren und die höchstwahrscheinlich fehlinvestierten Milliarden in die UMTS-Lizenzen tun hier ihr Werk.

Die Kleinen in Europa müssten sich irgendwo anschließen, heißt es. Zuerst schluckt die Swisscom die Telekom Austria, und dann werden beide von der britischen Vodafone aufgeschnupft.

"I bin a kloans Manderl"

Man könnte das die "I bin a kloans Manderl aus ganz an kloan Landerl"-Mentalität nennen. Kann ma halt nix machen. Zu wenig Kapital, zu wenig neue Technologie entwickelt. Zu wenig für eine Strategie der Ostexpansion, wie sie Raiffeisen, die Erste Bank, verschiedene Industriebetriebe und jetzt auch die OMV erfolgreich durchziehen. Fachleute aus der "Merger & Acquisition"- Branche mit Osterfahrung machen auf attraktivere Alternativen aufmerksam: Ceský Telecom würde besser zur Expansionsstrategie der TA passen, die dann auch der tonangebende Partner wäre.

Überhaupt nicht diskutiert wurde ein anderer Aspekt dieses Abverkaufs. Der neue Präsident der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, hat in etlichen Antrittsinterviews dafür plädiert, Erlöse aus dem Verkauf verstaatlichter Betriebe in einen Fonds zu stecken, um neue Industrien aufzubauen. Sorgers Slogan lautet: "Das Alte verkaufen, um das Neue zu finanzieren." Die Erlöse des Abverkaufs der ÖIAG-Betriebe ("Privatisierung" ist es ja nicht) sollen nicht einfach ins Budget fließen, sondern in einen Industriefonds, der Neugründungen in Zukunftsbranchen unterstützt, sich beteiligt und dann wieder zurückzieht. Abverkauf, um die industrielle Struktur Österreichs zu finanzieren.

Eine interessante Idee, die allerdings breiter diskutiert werden müsste (wohl auch unter dem Aspekt des Naheverhältnisses von Finanzminister Grasser zur Industriellenvereinigung). Aber offen diskutiert wird hier gar nichts. Es werden nur Geheimpläne zur Verscherbelung von Schlüsselindustrien ausgeheckt, die nun schon zum wiederholten Male platzen. (Der Standard, Printausgabe, 20.08.2004)