"Ich habe keine Meinung, die sich von den Parteibeschlüssen unterscheidet", sagt Nationalratspräsident Andreas Khol.
Foto: Standard/Cremer
Nationalratspräsident Andreas Khol schlägt der ÖVP eine parteiinterne Arbeitsgruppe vor, in der die Frage der Homo-Ehe noch einmal diskutiert werden soll. Zur Fristenregelung steht er, nur dürfe kein Arzt zur Abtreibung gezwungen werden, sagt Khol zu Michael Völker.

* * *
Standard: Sie sind gläubiger und praktizierender Katholik. Leiden Sie unter den Vorgängen in der Diözese St. Pölten?
Khol: Die Vorgänge sind für einen Katholiken schmerzhaft. Die Kirche steht am Prüfstand. Sie hat diesmal nicht vertuscht, der Vorsitzende der Bischofskonferenz hat energisch Aufklärungsmaßnahmen angeregt. Rom hat reagiert, das Furunkel ist geöffnet und kann heilen. Standard: Wie stehen Sie zur Gleichstellung von homosexuellen Partnerschaften vor dem Gesetz? Die strikte Linie in Ihrer Partei wurde ja aufgeweicht, jetzt wird in der ÖVP heftig darüber diskutiert. Können Sie sich Homo-Ehen vorstellen?
Khol: Ich bin gegen jede Diskriminierung aus Gründen der geschlechtlichen Orientierung, das ist der eine Pfeiler. Der andere Pfeiler ist die Einmaligkeit der auf Ehe gegründeten Familie, als ein Beziehungswert von Rechten und Pflichten und als Heimstätte für Kinder. Dazwischen spielt es sich ab.

Im ÖVP-Parteivorstand gibt es eine Beschlusslage. Es wurde damals ein Komitee mit der Frau Landeshauptmann Klasnic eingesetzt und der Beschluss kam zustande: Keine Diskriminierung, aber keine Gleichstellung. Diesen Beschluss kann man natürlich jederzeit infrage stellen, darüber kann man diskutieren. Der geschäftsführende Wiener VP-Chef Johannes Hahn hat jetzt darauf hingewiesen, dass man Problem lösende Konstrukte durch zivilrechtliche Verträge erzielen könnte. Das hat auch schon der ehemalige Klubobmann Heinrich Neisser vorgeschlagen, der sich dabei auch auf eine Arbeit der Universitätsprofessorin Beate Verschraegen berufen hat. Ich denke, dass man immer wieder in angemessenen Zeiträumen die eigenen Entscheidungen überprüfen muss. Der Parteivorstand ist gut beraten, wieder eine Arbeitsgruppe einzusetzen und die Vorschläge zu prüfen. Standard: Die Diskussion allein wird zu wenig sein. Letztendlich muss es ein Ergebnis geben, das umsetzbar ist. Khol: Nein. Ich glaube, es sollte wiederum im Parteivorstand eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die die Dinge neuerlich und sorgsam prüft. Was man vermeiden sollte, ist der Eindruck, dass die geschlechtliche Orientierung bei gesellschaftspolitischen Entscheidungen irgendeine Rolle spielt. Standard: Aber so ist es doch. Was ist denn Ihre Meinung? Khol: Ich habe keine Meinung, die sich von den Parteibeschlüssen unterscheidet. Ich bin Parteipräsidiumsmitglied und war damals in dieser Arbeitsgruppe. Ich stehe zu diesem Beschluss, aber ich bin bereit, das im Parteivorstand neuerlich zu diskutieren. Standard: Aber Sie werden doch eine eigene Meinung haben. Sie sind doch kein Parteisoldat. Khol: Sie werden mir nichts herauslocken, weil ich das nicht präjudiziere. Ich bin jemand, der an die Sinnhaftigkeit von Verfahren glaubt und ich bin auch jemand, der sich an Beschlusslagen hält. Standard: Könnte eine Diskussion in der ÖVP eine Änderung der Rechtslage herbeiführen? Können Sie sich als Ergebnis eine Gleichstellung von homosexuellen mit heterosexuellen Partnerschaften vorstellen? Khol: Nicht einmal das bestätige ich Ihnen, weil das wäre dann Ihre Schlagzeile. Standard: Innerhalb der ÖVP wird auch über die Zulässigkeit von Abtreibungen in Landeskrankenhäusern, etwa in Salzburg, diskutiert. Wie stehen Sie dazu? Khol: Ich stehe zur Fristenregelung, wie sie im Gesetz festgeschrieben ist. Die Diskussion, wie das in den Krankenanstalten geregelt wird, ist eine Angelegenheit der zuständigen Landesregierungen. Fest steht: Schwangerschaft ist keine Krankheit. Diese Frage sollte pragmatisch gelöst werden und nicht zu einer Diskussion über die Fristenregelung führen. Standard: Die Regelung im Gesetz ist ja eindeutig, sie wird nur nicht angewandt. Dort setzt die Salzburger Landeshauptfrau Burgstaller an. Khol: Das sind die Entscheidungen der Ärzte und der Landesregierungen. Diese Entscheidungen sind zu respektieren. Es darf kein Arzt gezwungen werden, abzutreiben. Das ist einmal das Um und Auf, weil das würde dem hippokratischen Eid widersprechen und auch dem Berufsethos vieler Ärzte. Aber wenn man diese Diskussion schon beginnt, dann müsste man sehr vieles, was an begleitenden Maßnahmen bei der Fristenlösung geplant war, auch mitdiskutieren: Trennung zwischen abtreibendem und beratendem Arzt, die Frage der Einhaltung der fünf Monate, die Frage der Statistik, warum abgetrieben wird. Aber das ist gesellschaftspolitisch eine Frage, wo weder die Kirchen noch die politischen Parteien noch die österreichische Öffentlichkeit eine Änderung des Status quo möchten. (DER STANDARD, Printausgabe 14./15.8.2004)