Für einen Mann, der mit Palmers laszive Schönheiten verbindet, die sich auf Plakatwänden räkeln und den Straßenverkehr zum Stocken bringen, führt der erste Besuch einer Palmers-Filiale unweigerlich zum Schock. Keine Spur von Glamour, stattdessen Schubladen wie in einer Schraubenhandlung und Verkäuferinnen, die der Begleiterin zwar sicher auf Anhieb etwas Passendes aus dem Lager fischen können, aber in ihren grünen Kitteln so aussehen, als hätte der Blumenladen von gegenüber Verstärkung geschickt.

Foto: Palmers

Ein neues Image war überfällig, nicht zuletzt, weil Österreichs Wäschemarktführer in die roten Zahlen gerutscht und durch die Streitigkeiten der Eigentümerfamilien ins Gerede gekommen war. Bei einem Wettbewerb zwischen sechs Teams setzte sich Universal Design Studio aus London durch und entwarf ein Leitbild, nach dem in den kommenden Monaten und Jahren die meisten der rund 300 Filialen in Österreich und dem Ausland umgebaut werden sollen, beginnend mit dem Shop am Grazer Hauptplatz.

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Der Prototyp wurde in der Eisschrankatmosphäre der Firmenzentrale in Wiener Neudorf aufgebaut, wo es einem schwer fällt, dem Designer Jonathan Clarke zu folgen, der erklärt, die Gestaltung sei von einem Garten inspiriert. Das klingt nach Paradies und Sündenfall, was ja für ein Wäschegeschäft ein schönes Bild wäre, nur wird jedes Knistern vom gleißenden Neonlicht erstickt. Der Palmers-Gärtner ist eher ein Botaniker, der unter dem Mikroskop die Schönheit der Zellformen entdeckt, um dann sechseckige Bodenplatten und Beistelltischchen nach ihrem Bild zu formen. Der latente Retrogeruch ist allerdings nicht stark genug, dass die Atmosphäre in diese Richtung kippen könnte. Der neue Shop wirkt hell, freundlich und überraschend unauffällig.

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Starke Sinnesreize haben sich die Designer, immerhin für Kunden wie Paul Smith und Stella McCartney tätig, nur in den Umkleidekabinen erlaubt. Da zukünftig die Lagerfläche reduziert wird, weil die Vorräte in Kästen direkt hinter den Wäscheständern gestapelt werden, konnten die Kabinen vergrößert werden. Jede ist nun mit einem kleinen Vorraum ausgestattet, wo Begleiterin oder Begleiter auf die ganz private Modenschau warten können. Die dunklen Holzwände erinnern an Schiffs- oder Schlafwagenabteile aus einer Zeit, als Männern die Unterwäsche noch nicht auf Plakaten vorgeführt wurde. (DERSTANDARD/rondo/Oliver Elser/13/08/04)

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