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Goss galt als Favorit in der Nachfolge Tenets.

Foto: APA/EPA/David Brody
Seit dem Rücktritts des umstrittenen CIA-Direktors George Tenet am 11. Juli kursierten in Washington Gerüchte über dessen Nachfolger: Immer wieder tauchte dabei der Name Porter Goss auf. Die Ankündigung von Präsident George W. Bush, den 65- jährigen Kongressabgeordneten aus Florida als neuen CIA- Direktor einsetzen zu wollen, kam dennoch als Überraschung – denn im Wahljahr 2004 könnte die Bestätigung durch den Senat zum Politikum besonderer Art werden.

Schon vor einigen Wochen bezeichnete der Demokrat Jay Rockefeller, ranghöchster Demokrat im Geheimdienstausschuss des Senats, Goss als "zu politisch". Ein anderer Demokrat erklärte, die Hearings könnten zu einem "Referendum über die CIA" werden.

Goss bringt zweifellos reichhaltige Erfahrungen im Bereich der Geheimdienste mit: Nahezu zehn Jahre lang, von 1962 bis 1971, diente er als Agent in der CIA. Im Kongress war er einflussreiches Mitglied und zuletzt Vorsitzender des Geheimdienstausschusses des Repräsentantenhauses.

Goss wurde im November 1938 in Waterbury im nördlichen Connecticut geboren und absolvierte – ebenso wie Bush – die elitäre Yale University. Nach zweijährigem Militärdienst trat er in die CIA ein. Was er dort genau tat, bleibt unter Verschluss, angeblich diente er in Europa und Lateinamerika. Wegen einer Krankheit beendete er diese Karriere und wandte sich später der Politik zu. Die Kleinstadt Sanibel wählte ihn zum Bürgermeister, und schon bei seinem ersten Antreten für den Kongress errang er 1988 der Stimmen in seinem konservativen Wahlbezirk. Seitdem wurde er alle zwei Jahre wiedergewählt, dreimal ohne Gegenkandidaten. Dieses Jahr wollte der vierfache Vater und siebenfache Großvater nicht mehr kandidieren.

Er gilt als Wunschkandidat von Vizepräsident Dick Cheney; innerhalb der CIA wird bereits befürchtet, der neue Direktor könnte allzu sehr unter dessen Einfluss stehen. Dazu kommt, dass Goss keinerlei Erfahrung als Manager einer riesigen Bürokratie mitbringt. Zudem scheint nicht klar, welche Rolle der Direktor des CIA spielen würde, sollten die Empfehlungen des 9/11- Committee für einen neuen Geheimdienstkoordinator tatsächlich realisiert werden.

Zunächst muss Goss jedoch den Senat überzeugen: Obwohl aus Regierungskreisen verlautet, bei der Bestätigung von Goss handle es sich um eine reine Formalität, könnten die entsprechenden öffentlichen Hearings kommenden Frühherbst zum politischen Spektakel werden. Und selbst wenn Goss diese erfolgreich hinter sich bringt und noch vor den Wahlen als CIA-Direktor eingesetzt wird, ist zweifelhaft, ob er diesen Posten behalten würde, sollte der demokratische Präsidentschaftskandidat John Kerry die Wahlen im November gewinnen. (Susi Schneider, DER STANDARD, Print-Ausgabe vom 11.8.2004)