Wegen "vorher festgelegter Verpflichtungen" konnte Vojislav Kostunica an dem Treffen der Regierungschefs aus dem südosteuropäischen Raum in Salzburg nicht teilnehmen, hieß es aus dem Kabinett des serbischen Premiers. Es sei zwar "unangenehm", dass Serbien bei dem Treffen nicht vertreten sei, aber es handle sich weder um "Ignoranz" noch um "Willkür", der Premier müsse andere Prioritäten gehabt haben, lautete etwas verunsichert die Erklärung eines hohen Funktionärs von Kostunicas Demokratischer Partei Serbiens (DSS).

Viele serbische Politiker und Wirtschaftsexperten zeigten jedoch kein Verständnis dafür, dass Kostunica die Gelegenheit versäumte, bei einem Treffen der Regierungschefs des Westbalkan die Interessen Serbiens zu vertreten. "Ich sehe nicht ein, was in diesem Augenblick wichtiger für den Premier sein könnte als eine Gipfelkonferenz der Balkanländer", erklärte Milan Nikolic vom Zentrum für Alternativenforschung. Gerade weil die Konferenz "informell" sei, sei sie so wichtig. Kostunica beklage sich, dass Belgrad bei internationalen Entscheidungen über Serbien umgangen werde. Wenn aber über die brennenden Probleme im Kosovo und die mögliche Eskalation der Gewalt in Südserbien diskutiert werde, habe er Wichtigeres zu tun. Kostunica schade dem Image des ganzen Landes.

Zumal Österreich einer der wichtigsten Wirtschaftspartner Serbiens sei und in Salzburg über neue Entwicklungsmöglichkeiten, eine Freihandelszone auf dem Balkan und europäische Integrationsprozesse gesprochen wurde.

Kostunicas Kritiker in Serbien meinten, dass der Premier erneut seine "sprichwörtliche Unschlüssigkeit" und "diplomatischen Dilettantismus" bewiesen habe.

Der Premier des die Unabhängigkeit anstrebenden Montenegro, Milo Djukanovic, nahm an dem Treffen in Salzburg teil. Kostunica werde wohl "irgendwelche persönlichen Gründe" für seine Abwesenheit gehabt haben, meinte ironisch Djukanovic' Pressesprecher. (DER STANDARD, Printausgabe, 29.7.2004)