Wien - Der sehr gut geführte aber dramaturgisch desaströs verlaufende Haban-Prozess geht, wie scheinbar schon so oft, dem Ende zu. Massimiliano Franzoni, leicht mafiös anmutender Spross einer Wäschereidynastie in Bologna, ist seit vielen Monaten angeklagt, einer jener drei Täter zu sein, die im Mai 1998 den Nobeljuwelier am Wiener Graben überfallen und den Geschäftsführer erschossen hatten.

In ihrer Heimat sind die Italiener mit Freisprüchen davongekommen. In Wien knüpft Staatsanwalt Walter Geyer allen Widerständen zum Trotz unermüdlich an der Indizienkette, deren stärkstes Glied die Lebensbeichte eines einstigen Komplizen des Angeklagten ist. Auch von Gualterio H. lässt sich Geyer die Mordanklage nicht vermiesen. Der Zeuge, der Wien wegen der "Bank Burgenland" meidet (die er mit Monsterkrediten beinahe im Alleingang gesprengt hätte), enttäuschte Geyer jüngst bei einer Videokonferenz live aus Hamburg. Ihm und seiner Frau waren die Gesichter der drei verdächtigen Italiener "völlig fremd", ja sie können es "definitiv ausschließen", diese Männer schon einmal gesehen zu haben. Dabei hatte das Ehepaar die Täter damals aus nächster Nähe wahrgenommen: Man studierte bei Haban gerade Süßwasserperlenketten, als der Überfall geschah.

DNA-Gutachten

Nun hält der Staatsanwalt ein neues DNA-Gutachten in der Hand. Ein im Lokal verlorener Handschuh könnte dem Todesschützen gehört haben. Nach Ansicht des Klägers sollte es sich dabei um Michele d'A. handeln, dem der unumstrittene Ruf eines Schwerverbrechers nacheilt. Vor einigen Monaten kam diesem ein junger italienischer Polizist, der sein mit Drogen reich bestücktes Sportauto anhalten wollte, unter die Räder desselben und starb. Deswegen sitzt Michele d'A. derzeit in seiner Heimat in U-Haft.

Tatsächlich haben Innsbrucker DNA-Analytiker in der Rekordzeit von knapp drei Wochen die Spuren des Italieners vom untersuchten Handschuh abgelesen. Das sagt zwar nichts über die Teilnahme Franzonis am Raubüberfall aus, wohl aber über die Gedächtnisleistung des Ehepaares H. und die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen.

Der Prozess wurde vertagt. (Daniel Glattauer; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 27.7.2004)