Sowohl Präsident George W. Bush als auch die Republikaner im US-Kongress hatten sich gegenüber dem Bericht der parteiübergreifenden 9/11-Kommission zunächst höflich und lobend, jedoch reserviert gezeigt: Aus dem Kongress verlautete, man werde wohl keine der dringlichen Empfehlungen der zehnköpfigen Kommission vor Ende des Jahres ernsthaft behandeln können. Doch nun könnte alles nur noch eine Sache von Tagen sein.

Denn die Kommission und eine Gruppe von Angehörigen der Opfer der Terrorattacken des 11. September 2001 ließen nicht locker. In unzähligen Medieninterviews pochten sie immer wieder auf die Notwendigkeit, so rasch wie möglich zu handeln, um gegen einen neuen Anschlag in den USA gewappnet zu sein. Bereits vergangenen Freitag wurden relevante Ausschüsse im Kongress angewiesen, einen Teil ihrer Urlaube im August aufzugeben und mit den nötigen Hearings zu beginnen, um bereits im September mit Gesetzesvorlagen herauskommen zu können.

Populär und günstig

Auch Präsident Bush und seine Mitarbeiter scheinen begriffen zu haben, dass ihnen der Bericht der 9/11-Kommission die Möglichkeit populärer Entscheidungen praktisch auf dem Silbertablett serviert hatte: Bush könnte bereits innerhalb von wenigen Tagen eine Reihe der Empfehlungen durch so genannte "executive orders" ausführen, insbesondere solche, die wenig Geld und dadurch keine Autorisierung durch den Kongress erfordern. Bush beauftragte seinen Stabschef Andrew Card, die Sache auf höchster Ebene zu untersuchen.

Eine der Empfehlungen der Kommission ist die Etablierung eines "Chefspions", einer auf Regierungsebene agierenden Person, die alle Geheimdienste unter sich stellen solle. Im Gespräch sind niemand anders als die beiden Vorsitzenden der Kommission, der frühere republikanische Gouverneur von New Jersey, Tom Kean, und sein Stellvertreter, den frühere demokratische Kongressabgeordnete Lee Hamilton. (DER STANDARD,Printausgabe, 27.7.2004)