Um eine Begründung für die Subvention von respektablen 363.000 Euro, mit denen der "Volkskünstler" Adi Hirschal und sein simplifizierter Sommernachtstraum bedacht werden, ist das Büro von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny nicht verlegen: Im Sommer würden die Bürger aus Wien "strömen, um in den umliegenden Städten, Dörfern, Burgen und Schlössern Sommertheater zu genießen", weil das theatralische Angebot in der Bundeshauptstadt "relativ dürftig" sei. Und Hirschal, "Experte für das Wienerische", würde "diese Lücke" eben füllen.

Mailaths Büro dürfte entgangen sein, dass Neuwaldegg schon seit 1892 zu Wien gehört. Hinter dem dortigen Schloss mit seinem original erhaltenen, zur Stadt hin ausgerichteten Barockgarten bringt die Opernwerkstatt Wien gegenwärtig die Macbeth-Urfassung von Verdi zur Aufführung: mit Blick auf den beleuchteten Wald, was nicht nur malerische Bilder gestattet, sondern auch dramaturgisch zwingend erscheint. Denn gegen Schluss rückt, wie dem König prophezeit, tatsächlich der Wald an.

Natürlich hat kein Herheim oder Sellars den Macbeth inszeniert. Aber Regisseur Paolo Trevisi und Tiziano Duca, der musikalische Leiter, lieferten eine Arbeit ab, der man Respekt zu zollen hat. Schließlich tragen im Orchestergraben und auf der imposanten Bühne rund 150 Personen (darunter Bonaldo Giaiotti als Banco) zum Gelingen des Projekts bei. Und dieses wurde, was man fast nicht glauben will, nebenberuflich realisiert - mit größtmöglicher Professionalität, mit maximalem Einsatz. Unter anderem von Wilhelmine Goldmann, der erfolgreichen Postbus-Chefin, und Harald Schlosser.

Eine wirklich große Kiste also, die da hochgestemmt wurde. Der öffentlichen Hand ist der Kraftakt aber keinen einzigen Cent wert. Der Kulturstadtrat erklärte sich für unzuständig: Er verwies auf seine drei Theaterkuratoren. Im Fall Hirschal hingegen hatte Mailath keine Scheu, 363.000 Euro locker zu machen: Die extrem hohe Subvention (keine andere freie Theater-oder Tanzgruppe erhält auch nur annähernd so viel Geld) wurde gewährt, ohne dass die Kuratoren um ihre Meinung gefragt wurden.

Das könne man nicht miteinander vergleichen? Da wie dort Shakespeare-Bearbeitungen, da wie dort konventionelle Ästhetik. In Neuwaldegg spielen die Musiker um Gotteslohn, der bulgarische Chor und die Tänzer aus Pilsen haben sich mit den Diäten zu bescheiden. Hirschal samt Leadingteam hingegen erhält 167.000 Euro, das nicht wirklich große Ensemble 101.640 Euro. Diese Zahlen muss man sich wenigstens auf der Zunge zergehen lassen. (DER STANDARD Printausgabe 26. Juli 2004)