Belgrad/Skopje - Das mazedonische Parlament berät am Montag einen umstrittenen Gesetzesentwurf der Regierung zu einer neuen Lokalverwaltung. Die Polizei hatte das Stadtzentrum rund um das Abgeordnetenhaus deshalb schon am Sonntagabend für den Verkehr gesperrt. Regierungsgebäude und das Parlament werden stärker bewacht. Die slawischen Oppositionsparteien, die sich dem Dezentralisierungsplan widersetzen, haben auf eine zuvor angekündigte Blockade des Parlaments verzichtet. Stattdessen riefen sie ihre Anhänger zu einer Protestkundgebung am Abend in Skopje.

Ljupce Georgievski von der nationalkonservativen mazedonischen Opposition, angeführt von der Partei VMRO-DPMNE, sprach von "Hochverrat" und einer "Albanisierung und Föderalisierung Mazedoniens".

Aufgrund dieses Gesetzes würden Albaner in rund fünfzig Prozent der Gemeinden die Mehrheit haben; in allen Gemeinden, wo Albaner mehr als 21 Prozent der Bevölkerung stellen, soll Albanisch als zweite Amtssprache eingeführt werden. Neben dem gesamten Westen des Landes, in dem mehrheitlich Albaner leben, wäre auch die Hauptstadt Skopje zweisprachig.

Lynchjustiz

Verteidigungsminister Vlade Buckovski entging deshalb am Wochenende in der Stadt Struga in Westmazedonien nur knapp der Lynchjustiz. Slawische Bürger umzingelten das Gebäude der regierenden Sozialdemokratischen Partei, in dem der Minister Zuflucht fand, und bewarfen es mit Steinen und Brandbomben. Erst eine aus Skopje angerückte Sondereinheit der Polizei konnte unter Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen den Minister retten.

Die regierende Koalition zwischen dem Sozialdemokratischen Bund, der Liberalen Demokratischen Partei und der albanischen Demokratischen Union für Integration befürchtet, dass es zu Unruhen kommen könnte. Präsident Branko Crvenkovski flog nach Brüssel, um die EU von der gespannten Lage zu informieren. (DER STANDARD, Printausgabe 26.7.2004)