Bagdad - Ein Diplomat der ägyptischen Botschaft, sieben Lastwagenfahrer - drei Inder, drei Kenianer und ein Ägypter - ein irakischer Konzernchef: Das ist die Liste der in den letzten Tagen im Irak entführten und verschleppten Menschen. Unterschiedliche Gruppen mit unterschiedlichen Motiven halten sie in ihrer Gewalt, doch die Debatte darüber, wie mit den grassierenden Geiselnahmen umzugehen sei, erhitzt die Gemüter.

Der philippinische Lastwagenfahrer Angelo dela Cruz kam letzte Woche frei, nachdem seine Präsidentin Gloria Arroyo ihr 50-Mann-Minikontingent um ein paar Wochen früher als geplant aus dem Land abgezogen hatte. Zwei Bulgaren und ein Südkoreaner waren zuvor mit dem Säbel geköpft worden. Weder Bulgarien noch Südkorea konnte oder wollte ihre jeweiligen, rund 500 Mann starken Truppenverbände zurückpfeifen.

Diplomat entführt

Der Ägypter Mohammed Mamdou Qutb, der erste Diplomat, der je im Irak entführt wurde, sitzt seit Freitag in Geiselhaft, weil seine Entführer quasi "vorbeugend" handelten. Sie reagierten auf die Ankündigung Kairos, die US-geleiteten irakischen Sicherheitskräfte unterstützen zu wollen. Kairo beteuerte daraufhin, keine Soldaten in den Irak zu schicken. Außenminister Ahmed Abul Ghait betonte den Vorrang der "stillen Diplomatie".

Die Verschlepper der sieben Lastwagenfahrer äußerten eher konfuse Forderungen. Mal verlangten sie den Abzug der Truppen aus den Ländern ihrer Opfer - ausgerechnet Indien, Kenia und Ägypten haben keine Soldaten im Irak stehen -, dann wieder die Entlassung der irakischen Häftlinge aus amerikanischen und kuwaitischen Gefängnissen. Am Sonntagabend erwartete der kuwaitische Arbeitgeber der sieben Geiseln nach eigenen Angaben die Freilassung der Geiseln. Die Firma stehe über Vermittler in Kontakt mit den Entführern und habe Zusagen für eine Freilassung ihrer Lkw-Fahrer erhalten.

Die Entführer hatten gedroht, ihre Geiseln aus Kenia, Indien und Ägypten zu enthaupten, sollte sich die Firma nicht aus dem Irak zurückziehen. Nun, so der Arbeitgeber, sei den Entführern sei klar geworden, dass die Firma keine Niederlassung im Irak habe und nur Transporte für Iraker erledige.

Wildwestmanier

Unklar ist vorerst, was die Entführer von Raad Adnan, dem Generaldirektor des irakischen staatlichen Baukonzerns Al-Mansour, bezwecken. In Wildwestmanier hatten die unbekannten Bewaffneten mit zwei Fahrzeugen dem Auto des Wirtschaftsbosses den Weg versperrt, als dieser sich Samstagfrüh auf den Weg zur Arbeit gemacht hatte. Sie ließen seitdem nichts mehr von sich hören.

Iraks Übergangspremier Iyad Allawi plädierte erneut für Härte und Unnachgiebigkeit. "Der einzige Weg, Terroristen zu begegnen, ist es, die Justiz anzuwenden und die Reihen zu schließen", sagte er auf einer Pressekonferenz in Damaskus am Rande eines Besuchs beim syrischen Präsidenten Bashar Assad. Ägypten möge dies beherzigen.

Am Wochenende drohte die Gruppe "Islamic Tawhid, Al-Kaida-Organisation Europa" Australien und Italien mit massiven Anschlägen, wenn sie weiter im Irak blieben. Eine ähnliche Warnung lancierte die selbe, zuvor nicht in Erscheinung getretene Organisation in der Vorwoche gegen Polen und Bulgarien. (Reuters, Gregor Mayer aus Bagdad/DER STANDARD, Printausgabe 26.7.2004)